BMW: 50 Jahre 503 und 507

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Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist der schönste Schnelle im ganzen Land? Das war die Frage, die vor 60 Jahren erst alle automobilbegeisterten Amerikaner und dann die vom Wirtschaftswunder berauschten Deutschen beschäftigte. Tatsächlich bedurfte es damals amerikanischer Anschubhilfe, um deutsche Sportwagenikonen ins Rollen zu bringen. Ob Porsche 356 Speedster, Mercedes 190 SL oder 300 SL und vor genau 60 Jahren die Achtzylinder-Typen BMW 507 und BMW 503 als erste weißblaue Nachkriegstraumwagen, sie alle wurden vom New Yorker Autohändler Max Hofman initiiert. Wollte dieser doch damit die kaufkräftige amerikanische High Society ausstatten.

Ein tempogeladener Concours d'Élégance, den die deutschen Autofans in vollständiger Zusammensetzung erstmals auf der IAA 1955 erlebten. Umjubelte jüngste Glanzlichter waren dabei der Roadster BMW 507 und der BMW 503 mit Coupé- und Cabrio-Karosserien. Als „weißblaue Diamanten vom Isarstrand“ feierte die Fachpresse die V8-BMW, die mit Preisen von rund 30.000 Mark ähnlich teuer waren wie ein Siedlungshaus. Aber – was keiner ahnte – eine weit bessere Wertanlage darstellten: Werden doch heute für den BMW 507 Roadster Preise von zwei bis drei Millionen Euro aufgerufen, so viel wie für hochkarätige Diamanten.

Es waren vor allem die Formen, mit denen die sportliche Luxusklasse von BMW faszinierte. Diese verdankten sie dem Designer Albrecht Graf Goertz, der sich mit den stilbildenden BMW-Ikonen einen Namen machte, der vorübergehend ähnlich hell strahlte wie die von Bertone, Pinin Farina und anderen Formkünstlern von Weltrang. Goertz selbst bedauerte allerdings, dass der BMW 503 stets ein wenig im Schatten des Roadsters 507 stand, der bis heute allgemein zu den schönsten Zweisitzern der Automobilgeschichte zählt. Umso mehr freute er sich deshalb über lobende Worte des Design-Altmeisters Pinin Farina, dem ganz besonders der 503 gefiel. Der BMW 507 wiederum fand auf andere Weise Anerkennung von höchster Stelle: Im Jahr 1957 kaufte der einstige Lehrmeister von Albrecht Graf Goertz, der amerikanische Stardesigner Raymond Loewy, ein BMW-507-Chassis, für das er eine avantgardistische Form entwarf, die es aber nicht in Serienfertigung brachte.

Alle BMW 503 trugen kostspielige Leichtmetallkarosserien, die noch nach althergebrachter Weise über einer hölzernen Klopfform konturiert wurden. Diese Coupés und Cabriolets für die sogenannte Creme der Gesellschaft konnten in so vielfältigen Ausstattungsdetails konfiguriert werden, dass am Ende jedes der insgesamt 412 gebauten Autos ein Unikat war. Mit optionalem Schnellverschluss für die Räder, Becker-Auto-Radio, kurz übersetztem Sportgetriebe und anderen extraordinären Goodies konnte der Kaufpreis des BMW 503 auf bis zu 38.000 Mark erhöht werden. Das entsprach dem Gegenwert von etwa 15 BMW Isetta oder von fast drei BMW „Barockengel“-Limousinen, auf deren stabilen Fahrgestellen die BMW 503 und 507 basierten. Aber auch in Grundausstattung bot der BMW 503 viele wichtige Luxusaccessoires jener Dekade wie elektrohydraulische Verdeck- und Fensterbetätigung, elektrische Scheibenwaschanlage, Bremsservo und – ganz wichtig – ein mächtiges Doppelhorn. Immerhin kämpfte der Bayer auf der Autobahn um Platz eins der Vollgasbewegung, der ihm in Deutschland tatsächlich von kaum einem Coupé oder Cabriolet streitig gemacht wurde.

„Die große Ferne souverän durchmessen – stolzes Vorrecht am Lenkrad eines BMW.“, versprach dazu die BMW-Werbung, die die V8 zu „Zeitraffern“ erklärte. Im Falle des immerhin 4,75 Meter langen und 1,5 Tonnen schweren BMW 503 mit 103 kW/140 PS bedeutete dies eine Vmax von 190 km/h. Beim fast 40 Zentimeter kürzeren und 170 Kilogramm leichteren 507 Roadster mit zehn zusätzlichen Pferdestärken und langer Hinterachsübersetzung sogar amtlich attestierte 220 km/h. Ermittelt von BMW-Technikern zusammen mit dem TÜV auf der dafür eigens abgesperrten Autobahn München-Eiching. Genug Tempo für den 507, um nicht außer Sichweite zu geraten hinter den leistungsstärkeren und noch kostspieligeren Flügeltüren-Mercedes 300 SL. Was die siegverwöhnte Rennfahrerlegende Hans Stuck unterstrich, als er mit dem BMW 507 etwa am Schauinsland aufs Podium fuhr.

Wer waren die Käufer des bayerischen Supercar-Duos mit der einzigen deutschen V8-Maschine? Der New Yorker BMW-Importeur Max Hoffman hatte gehofft, dass vor allem Amerikaner ordern würden und mit 1.500 Bestellungen allein für den BMW 507 pro Jahr kalkuliert. Für die klammen Kassen im Münchner BMW-Hauptquartier wäre dies ein höchst willkommener Geldsegen gewesen. Doch diese Träume platzten wie Seifenblasen, spätestens im Juli 1955 bei der Weltpremiere des BMW 507 im feinen New Yorker Hotel Waldorf-Astoria. Zu wenig PS-Leistung im Vergleich zu muskulösen amerikanischen V8, befanden Presse und potentielle Kunden. Vor allem aber viel zu hohe Preise, ganz besonders in Relation zu den neuen Chevrolet Corvette und Ford Thunderbird. So blieb es bis zum offiziellen Produktionsende des BMW 507 im Jahr 1959 bei nur 254 Fahrzeugen, während etwa vom Mercedes-Benz 300 SL insgesamt 3.258 Gullwing und Roadster gebaut wurden. Ähnlich zurückhaltend war die Käufer-Resonanz auf den BMW 503.

Es waren vor allem wohlhabende Showstars, Sportler und der King of Rock 'n' Roll, die sich mit der Münchner Prestigeklasse selbst inszenierten. Allen voran Elvis Presley, der 1958 während seiner Dienstzeit im hessischen Bad Nauheim einen weißen BMW 507 kaufte, diesen rot lackierte und mit nach Amerika nahm. Zurück nach Deutschland und ins Werk kam der Roadster erst wieder im Jahr 2014 – jetzt als spektakuläres Restaurierungsprojekt für die BMW Classic Group. Aber auch Alain Delon, Ursula Andress, Ski-Olympia-Sieger Toni Sailer und Formel-1-Weltmeister John Surtees zeigten sich im BMW 507, während etwa Leinwandstar Sonja Ziemann oder Graf Faber-Castell den distinguierten BMW 503 bevorzugten.

Dennoch fuhren diese Luxus-BMW auch in Europa am tatsächlichen Mobilitätsbedarf der Nachkriegsjahre vorbei. Nachdem Mitte der 1950er Jahre auch noch der Motorradabsatz einbrach, brachte die groteske Modellpalette aus Oberklasse- und Sparmobilen á la Isetta die Marke BMW in ein finanzielles Dilemma, aus dem nur ein völliger Neubeginn herausführen konnte. Die „Neue Klasse“ der Modelle 1500 bis 2000 war es, die 1961 diesen Neustart symbolisierte. Ganz auf den Glamour großer Coupés verzichten wollten die Münchner aber nicht mehr. So trug ab 1961 das von Bertone gezeichnete und gebaute V8-Coupé BMW 3200 CS die Flamme fort, die der BMW 503 entzündet hatte. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts setzte dann der BMW Z8 seinem großen Vorbild 507 ein spätes stilistisches Denkmal.

Text: Spot Press Services/Wolfram Nickel
Fotos: BMW/SP-X

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