Rallye Dakar 2025 (1): Der Prolog und die Schleife in Bischa

Wer den Prolog gewinnt, der hat für die anschließende Prüfung am nächsten Tag einen großen Vorteil: Nach vorne freie Sicht, weder Staubfahnen erheblichen Ausmaßes noch Sand- und Steinschrapnelle gefährden ihn. Aber: Fahrer und Copilot müssen den optimalen Weg erst einmal finden, da es noch keine Spuren gibt, denen man nachfahren kann, trotz Satelliten-Navigation.

Andererseits: Wenn etliche Teilnehmer vor Dir gestartet sind, kannst Du Spuren erkennen und, so sie gemeinsam am häufigsten erscheinen, ihnen auch nachfahren. Dann aber hast Du den ganzen „Dreck“ vor Dir, musst Steinschlagschäden befürchten oder Du kommst am Vordermann kaum vorbei. Egal, was Du machst, es ist immer 50:50.

Erfahrungen eines früheren Dakar-Teilnehmers (mittlerweile nicht mehr aktiv im Rallyesport). Erfahrungen, die an Aktualität nichts verloren haben. So wird auch der diesjährige, nur knapp 30 Kilometer lange Prolog (der nunmehr sechste in Saudi Arabien) darüber entscheiden, an welcher Position die Teilnehmer fahren und in die erste Etappe um die Stadt Bischa gehen, ohne Service, also ist es eine „Taktik“-Etappe.

Ergebnis des Prologs: Henk Lategan vom Toyota Gazoo-Team, der letztes Jahr aussetzen musste, aber 2023 bereits Vierter war, ließ nichts anbrennen und gewann die Einstiegsprüfung mit nur einer Sekunde Vorsprung vor Mattias Ekström, der dem Ford Raptor V8 gar mächtig die Sporen gab. Teamkollege Carlos Sainz hingegen ließ es gemütlicher angehen und sortierte sich als 25ster ein, wohl wissend, dass die knüppelharten Prüfungen noch kommen. Nani Roma, Teamkollege und am Ende des Tages auf Platz 9, kommentierte das sehr beeindruckend: „Man kann beim Prolog die Dakar zwar nicht gewinnen, aber bereits verlieren.“

Die MINI–Teams schlugen sich mehr als beachtlich, zumal Joao Ferreira schon auf dem fünften Platz einlief. Nasser Al-Attiyah und Sébastien Loeb auf Dacia wurden Nummer drei und Nummer sieben.

Das deutsche Team Daniel Schröder/Henry Köhne hatte etwas Originelles an den Start geschoben: Das war ein in Johannesburg aufgebauter VW Amarok, ein WCT–ähnlicher Pickup, dem als starkes Herz ein V6-Turbo-Triebwerk aus dem Nissan GTR mit 430 PS implantiert wurde. Die beiden mischten damit beim Prolog das Spitzenfeld ganz schön auf und belegten den 13. Rang.

Dann kam der erste volle Tag, mit rund 400 Kilometern rund um Bischa. Von Waypoint zu Waypoint wechselte die Führung. Die  Prüfung erwies sich dann aber als recht heimtückisch und forderte etliche Zeitverluste. Andererseits konnte der Eindruck entstehen, die Spitzenteams könnten alle Taktik-„Spielchen“ zeigen, die da so üblich sind, mehr oder minder auffällig. Heißt: Langsam fahren, inmitten der Prüfung stehen bleiben, also Zeit verlieren.

Denn: Die nächste Wertung ist eine 48-Stunden-„Hatz“ ohne jeglichen Service. Salopp gesagt, legt jeder sein müdes Haupt dahin, wo just das karge Biwak aufgebaut ist. Also wird generell eher auf Schonung gefahren.

Nicht so bei Carlos Sainz! Der blies Attacke und brachte seinen Ford Raptor auf dem siebten Tagesrang ein, vor sich fast nur Rookies und Teams, die eh nicht um den Gesamtsieg fahren. Guerlain Chicherit auf dem MINI 3,0 I machte das Tagesergebnis noch spannend: Nach Platz 30 zu Beginn baggerte er sich bis auf Platz 2 (tatsächlich!) vor. Seth Quintero und Dennis Zenz auf einem der vier Werks-Toyotas von Gazoo ließen sich den Tagessieg gutschreiben. Martin Prokop, erfahrener Dakar-Teilnehmer, chauffierte seinen ungewöhnlich gestylten Ford Ranger-Pickup auf den ehrenwerten Platz 4. Und Cristina Gutierrez, die „schnelle Zahnärztin“, auf dem flammneuen Dacia Sandrider, fand sich auf Platz fünf wieder. Alle Achtung.

Noch ein Blick auf die Favoriten: Alle (Nasser Al-Attiyah und Sébastien Loeb auf Dacia, Yazeed Al-Rajhi auf Toyota Overdrive-Hilux, Henk Lategan auf Toyota Gazoo-Hilux) ließen quasi „Zeit im Sand“ liegen, zwischen zehn und zwanzig Minuten. Wohl ausschließlich aus taktischen Gründen.

Fotos: Marian Chytka, Jiri Simecek/MCH (Dacia), Antonin Vincent (DPPI)

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