Meinen ersten Döner habe ich 1988 gegessen. Das war in Cardiff, wo die gastronomische Vielfalt erkennbar von den Immigranten geprägt war. Ein halbes Jahr später, zurück in Deutschland, war das so lecker gefüllte Fladenbrot auch im Saarland immer häufiger zu finden. Um wenige Jahre später auch in vegetarischer Variante, dann meist mit Bratlingen aus Hülsenfrüchten, dem allgemeinen Trend zu weniger Fleisch auf dem Tisch entgegenzukommen. Ohne Geschmackseinbußen, jedenfalls für mich.
Etwa zur Zeit meiner persönlichen Döner-Premiere begann Eberhard Seidel mit den Recherchen zu seinem Buch. Dessen Untertitel nicht zuviel verspricht, denn der Döner steht per se für eine ganz eigene deutsch-türkische Kulturgeschichte. Fast unglaublich, dass er sogar gewarnt wurde, dieses Buch zu schreiben. Unter anderem, so die Skeptiker, könne man doch die türkische (Ess)kultur keineswegs auf den Döner reduzieren.
Das muss man auch nicht. Man kann ihn aber als Beispiel nehmen und an ihm zeigen, wie bedeutsam eine Esskultur für die Gesellschaftskultur werden kann. Das ist Eberhard Seidel vorzüglich gelungen. Viel mehr sei an der Stelle nicht verraten, nur so viel: Raten Sie mal, welcher US-Promi den Döner als sein Lieblingsessen in Deutschland nennt? Elon Musk! Und dass der Döner, wie wir ihn kennen, tatsächlich eine Berliner Kreation ist, wie Seidel sagt, mag überraschen. In etlichen Varianten gibt es ihn auch in anderen Ländern. Siehe oben.
Eberhard Seidel: Döner. Eine deutsch-türkische Kulturgeschichte. März Verlag; 20 Euro.