Ein Rückblick, der auch ein Ausblick ist: Trotz auch 2021 in hoher Zahl abgesagter Automobilmessen gab es seitens der Hersteller zahlreiche Showcars und Konzeptautos, die es irgendwann einmal in die Serie schaffen können – mehr oder minder komplett am „Ur-Entwurf“ entlang oder teilweise, dann in Form von technischen oder gestalterischen Finessen. In fast allen Fällen zeigten die visionären Mobile, dass die Autozukunft in erster Linie elektrisch und außerdem auch nachhaltiger wird. Zugleich jedoch darf sie auch weiterhin wild und verschwenderisch sein. Vier 2021er-Studien verdeutlichen diese und weitere Trends besonders gut..
Der im April auf der Shanghai Auto enthüllte Elektro-Roadster MG Cyberster weckt mit seinem temporeichen Blechkleid Lust auf E-Mobilität. Den Sprint aus dem Stand auf Tempo 100 in unter drei Sekunden und 800 Kilometer Reichweite sind starke Versprechen. Sie sollen sogar Realität werden, denn bereits im Mai wurde offiziell der Serienbau des Cyberster verkündet. Doch steht der MG Roadster nicht nur für sportliche Verheißungen der Elektro-Zukunft, sondern auch für ein neues Selbstbewusstsein und den Expansionshunger chinesischer Autobauer. Hinter der einst englischen Traditionsmarke MG steht nämlich der SAIC-Konzern, der bereits seit einiger Zeit und mit wachsendem Erfolg seine in China produzierten Autos auch in Europa vertreibt.
Wie Vergangenheit und Zukunft zusammengehen können, hat Mercedes mit dem EQG auf der IAA demonstriert. Das Elektro-Konzept zeigt, wie eines der ikonischsten Modelle der Stern-Marke, nämlich den Gelände-Klassiker G-Klasse, in der sauberen Antriebszukunft aussehen wird. Die wichtige Nachricht für alle Fans des Offroad-Riesen und anderer Luxusmobile: Den Prunk und Protz der vergangenen Jahrzehnte wird man auch ohne bärigen Diesel oder geschmeidigen V8-Benziner und damit künftig ohne schlechtes Gewissen genießen können. Nur etwas leiser und eben abgasfrei. Als wahrhaft ökologisch und besonders klimafreundlich wird ein Elektro-G dank seines verschwenderischen Grundwesens allerdings kaum taugen.
Dass es nachhaltiger geht und wohl auch gehen muss, hat BMW dem IAA-Publikum mit seinem Elektroauto Circular zu verdeutlichen versucht. Bei dem vor allem im Innenraum futuristisch inszenierten Kompaktfahrzeug hat der Münchener Autobauer auf verschwenderische Formen und Superlative bei Leistung und Reichweite verzichtet. Genaugenommen bleibt der Antrieb, der schlicht elektrisch ist, unerwähnt. Das eigentliche Thema des Circular ist vielmehr die konsequente Umsetzung rohstoffschonender Produktionstechniken. So wurde das Fahrzeug auf geschlossene Materialkreisläufe optimiert, denn verwendet wurden recycelte Werkstoffe, die wieder recyclefähig sind. Dazu gehören Reifen aus Naturkautschuk oder ein im 3D-Drucker mit biobasierten Materialien hergestellte Lenkradkranz. Außerdem verzichtet der Vision Circular auf Außenlacke, Leder und Chrom. Beim Energiespeicher soll es sich um eine vollständig wiederverwertbare Feststoffbatterie handeln.
Aufbau einer Kreislaufökonomie, Reduzierung der CO2-Emissionen und die Transformation zum Hersteller von vornehmlich elektrisch angetriebenen Autos waren die großen Schlagwörter des Strategieplans Renaulution, den Autobauer Renault im Januar 2021 vorgestellt hat. Auch in der elektrischen Modellzukunft werden sich die Franzosen ihrer Traditionen besinnen, wie ein Kleinwagen-Konzept offenbarte, das in die Fußstapfen des R5 treten soll. Der zunächst als Studie deklarierte und mittlerweile als Serienmodell für 2024 angekündigte Elektro-R5 schlägt damit eine Brücke zwischen Vergangenheit und E-Zukunft, die neben Fahrspaß auch ökologische Ausgewogenheit verspricht. So wird der R5 für Alltagstauglichkeit und Rightsizing in der E-Mobilität stehen. Seine unter vier Meter kurze Karosserie, bis zu 400 Kilometer Reichweite und ein gut 100 kW starker Antrieb versprechen ein ausgewogenes Maß der Vernunft, das Fahrspaß jedoch nicht ausschließen wird.
Fotos: BMW, Mercedes, MG, Renault