Opel: 50 Jahre Rekord II

„No dull cars“ – keine langweiligen Fahrzeuge. Dieses Credo trieb den amerikanischen Star-Couturier Charles M. Jordan an, das Design des Opel-Mutterkonzerns General Motors zu revolutionieren. Aber nach Ikonen wie Corvette und Cadillac Eldorado entstanden unter Verantwortung von Jordan auch gewagte Meilensteine für die deutsche Marke mit dem Blitz, so der Opel GT und das futuristische Concept Car Opel CD – welches dann wiederum vor genau 50 Jahren die Neuerfindung des Opel Rekord inspirierte, und diese gehobene Mittelklasse für die 1970er in wegweisendem und verführerisch-schönem Design war Opel eine auffällige Namensgebung wert, und so hieß die siebte Generation der 1953 lancierten Baureihe in der Werbung „Rekord II“, ehe später zum internen Code „Rekord D“ gewechselt wurde. Übrigens tat sich auch unter der Motorhaube etwas: Als erster Opel wurde der Rekord II ab 1972 optional von einem effizienten Diesel angetrieben.

Es waren optische und praktische Vorteile wie das große Glashaus mit gewölbten Flächen und die Verbreiterung des Innenraums in Höhe der Gürtellinie, die den leicht und elegant aussehenden Opel Rekord II in der europäischen Käufergunst vorn platzierten. Die 4,57 Meter langen Limousinen (übrigens exakt das Format der optischen Mini-Straßenkreuzer Ford Consul/Granada) waren dank Leichtbau (Leergewicht 1.065 bis 1.090 Kilogramm – ein aktueller Opel Insignia ist gut 50 Prozent schwerer) auch agil und effizient, obwohl die Vierzylinder-Benziner lediglich Evolutionen der Vorgängermotoren darstellten und mit anfänglichen Leistungsspitzen zwischen 49 kW/66 PS und 71 kW/97 PS gerade heutigen Kleinwagen-Werten entsprechen. Damals jedoch galt der Sprintwert etwa des Rekord 1900 SH von 13 Sekunden auf Landstraßentempo (1972 wurde außerorts auf zweispurigen Straßen erstmals versuchsweise auf 100 km/h limitiert, um die im Vergleich zu heute fast neun Mal höheren Verkehrstoten-Zahlen zu reduzieren) als respektabel und die Vmax von 161 km/h als ausreichend flott.

Wenn heutige Oldtimerfans den im September 1972 nachgereichten Opel Rekord II 2100 D als „Wanderdüne“ bezeichnen, dürfen sie nicht vergessen, dass der einzige andere deutsche Diesel jener Zeit, der Mercedes Strich-Acht als 200 D bzw. 220 D, noch phlegmatischer unterwegs war und sich mehr Weile gönnte als jene 23,5 Sekunden, die der Opel benötigte, um Tempo 100 zu erreichen. Und mit einem DIN-Normverbrauch von 8,7 Liter war der hessische Selbstzünder ähnlich genügsam wie die Schwaben (220 D mit 8,5 Liter) oder auch der Peugeot 504 D. Immerhin 140.000 Opel-Kunden gönnten sich deshalb das D auf dem Kofferraumdeckel von Limousine, Caravan und Lieferwagen, einzigartig blieb jedoch das modifizierte Sportcoupé Opel GT, das mit dem rau laufenden Diesel im Juni 1972 zwanzig internationale Rekorde über Strecken bis zu 10.0000 Kilometer aufstellte.

Richtig schnell war auch die Luxus-Ausgabe des Rekord II, der Commodore. Im März 1972 vorgestellt und im Herbst des Jahres als Top-Typ GS/E auch im schicken Coupé eingeführt, knackte der 118 kW/160 PS starke 2,8-Liter-Sechszylinder nicht nur die prestigeträchtige 200-km/h-Marke, er nahm es auch mit Speedsymbolen wie dem Porsche 911 T auf. Noch mehr Hubraum hielten einige Weltauto-Varianten des Duos Opel Rekord/Commodore bereit, denn die in Rüsselsheim vom deutschen Team unter Charles M. Jordan finalisierten Linien begeisterten auf allen Kontinenten. So gab es in Südafrika Rekord- und Commodore-Derivate, die aus bis zu 4,1 Liter großen Sechszylindern viel Drehmoment schöpften und auch als Vierzylinder bis zu 2,5 Liter Hubraum boten. Unter Chevrolet-Markenzeichen avancierten diese Limousinen zum zeitweise populärsten Auto Südafrikas.

In Europa lieferte das GM-Werk Antwerpen für die Benelux-Märkte Rekord-Parallelmodelle, die als Ranger vermarktet wurden. Und auch die Schweiz betrachtete die von der GM-Dependenz in Biel angebotenen Ranger als nationales automobiles Kulturgut, das auf dem Genfer Salon Seite an Seite mit dem Rekord ausgestellt wurde. In Großbritannien wiederum orientierte sich der Vauxhall Victor/VX am Rekord-Layout und wurde später von 1983 bis ins 21. Jahrhundert in Indien als Hindustan Contessa gebaut. Nicht wenige Briten wählten statt des Vauxhall jedoch gleich das Opel-Original, denn der ab 1975 auch mit 2,0-Liter-Vierzylinder und 74 kW/100 PS lieferbare Rekord erfreute sich global des Rufs beispielhafter Zuverlässigkeit. Sehr stolz waren die Rüsselsheimer Autobauer auch auf den „optimalen Rostschutz auch in Hohlräumen. Bördelkanten und andere hochbeanspruchte Blechteile werden mit Zinkstaubfarbe vorbehandelt“. Tatsächlich starben viele Rekord II einen späteren Rosttod als Wettbewerber mit unbehandelten Stahlblechen.

Und trotz der inzwischen zahlreichen Wettbewerber liefen hierzulande exakt 1.128.196 Einheiten Rekord II (D) vom Band, ehe im Spätsommer 1977 der Rekord E den Stab übernahm.

Fotos: Opel

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