Lese-Tipp – Hoffmann: Wodka und Tigerente

Da bezeugte einer Mut: Auf der Suche nach seiner Mutter, über die zu Hause in Heidelberg nur Rätselhaftes oder gar Schweigen herrschte, entschied sich Alex nach dem gewaltsamen Tod seines Vaters, ebenfalls voller Rätsel, aus dem kleinen Fuhrpark des Vaters eine betagtere Ente (Citroën 2CV) wieder flott zu machen und sie im „Tigerlook“ für eine Wahnsinnsreise vorzubereiten. Freund und Vertrauter Totti schloss sich an.

Die beiden Buben im Jungstudentenalter verzichteten auf Navi, große Vorbereitungen und seilten sich schlichtweg ab, um im fernen Sibirien nach der Mutter zu suchen. Einen nur dezenten Hinweis hatten sie in Erfahrung gebracht. Dennoch. Nach dem Motto „Nichts Genaues weiß man nicht“, man muss eben Zeit haben, um zu suchen, erfolgte der Start. Viele tausend Kilometer spulten sie ab, durchquerten etliche Ostländer, querten Grenzen. Manchmal ging es glatt, manchmal wandten sie bei den Zöllnern Tricks und Finten an. Jedenfalls sorgte die Tigerente nahezu überall für Furore.

Die vielen Stationen unterwegs sorgen für viel Kolorit: Begegnungen, meist flüchtig nur, aber in den wenigen Zeilen intensiv und regelrecht zu Herzen gehend. Da treffen die beiden Buben andere, aber böse Buben, die der Halbwelt zuzurechnen sind und ihnen Arges antun wollen. Aber auch diese Situationen werden, bisweilen mit Hängen und Würgen, glücklich gemeistert. Autor Hoffmann braucht dafür keine komplizierten Wortgebilde, seine Sprache, Wortwahl und Diktion sind da eher schlicht. Aber die Atmosphäre stimmt. Der Leser freut sich mit, leidet mit, staunt mit. Pfiffige Abwehrmechanismen der beiden Abenteurer lassen das Gröbste unfallfrei überstehen. Während Kumpel Totti bisweilen vor sich hindöst, bewältigt Alex alle fahrerischen Probleme, ist Totti aber wach, ist er gleichermaßen souverän Navigator, Seelentröster, Unterhalter und Mechaniker Sie finden tatsächlich Alex’ leibliche Mutter. Versteckt und verhärmt in den Weiten Ost-Sibiriens. Das Ende der Reise naht, wird etwas abrupt zu Ende geführt, die Heimfahrt ist offensichtlich zweitrangig, vielleicht ging dem Autor da etwas die Luft aus. Oder, so einfach wie logisch: Ende (Ente) gut, alles gut.

Lucas Hoffmann schreibt mit lockerer Feder, ohne in schwatzhafte Satzkonstrukte zu verfallen. Phantastisches und Realität halten sich die Wage, man möchte den „Großen Diercke“ Atlas zur Hand nehmen und alle Stationen live mitverfolgen. Und so legt man das Buch nur ungern beiseite, bevor es nicht in Gänze durchgelesen ist. Es ist einfach der Mix aus Spannung und Überraschung, aus Vorhersehbarem und kaum für möglich Gehaltenem…

Lucas Hoffmann: Wodka und Tigerente. Mitteldeutscher Verlag; 14 Euro.

Foto: PS-Speicher (Einbeck)

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