Fast vergessene Kleinstwagen (3): Der Messerschmitt-Kabinenroller

Als uns der Kabinenroller als vorweihnachtliches, aber etwas unhandliches Paket in der Form eines großen Dresdener Christstollens in die Redaktion gebracht wurde, waren wir fürbass erstaunt ob des Gewichts. Uns erwartete dann eine Überraschung, die zu den Lösungen der deutschen Kleinstwagenszene nach dem zweiten Weltkrieg zählte.

(Ein nicht „bierernst“ zu lesender Rückblick).

Bereits der Name „Messerschmitt“ ließ hohe technische und aerodynamische Kompetenz erwarten. Die Karosserieform ähnelte, sicher nicht rein zufällig, an die Pilotenkanzel eines Jagdflugzeugs. Zunächst war der Kabinenroller als Dreirad fürzwei Personen konzipiert. Und die saßen nicht neben- sondern hintereinander. Die jüngere Klientel lehnte diese Sitzordnung rundweg ab. Salopp gesagt: Was soll die Freundin im Fahrzeug, die hinter statt neben mir sitzt und damit quasi „abgesondert“ mitfährt? Eines aber war durch die Plexiglaskanzel überzeugend gelungen – die Rundumsicht für die beiden Insassen.

Der Einstieg war genial gelöst, indem der gesamte Dachaufbau seitlich angehoben und nach rechts gekippt wurde. Innen war aber wenig Ellbogenfreiheit vorhanden. Der Erfinder und Konstrukteur hieß Fritz M. Fend und baute den Kabinenroller erst in Rosenheim. Dann, ab Anfang Januar 1953 wurde die Serienfertigung des KR 175 zu Messerschmitt nach Regensburg verlagert. Zur äußerst lebendigen Befeuerung diente ein Zweitakt-Motor von Fichtel und Sachs mit 175 (später 200) Kubikzentimetern. Da das Gewicht lediglich knapp um die 200 Kilogramm betrug, die Form strömungsmäßig optimal gestaltet war, lief der Kabinenroller beachtliche 80 km/h. Als „Düsenjäger des kleinen Mannes“ bezeichneten damals humorige Zeitgenossen den flinken Flitzer. Motor und Getriebe waren im Heck des Dreirads untergebracht, zudem noch ein Reserverad und der Tank mit Zweitaktgemisch.

Die breite Spur der beiden Vorderräder ließ abenteuerliche Driftwinkel zu, so dass sich der Hersteller entschloss, auch seitliche Scheibenwischer zu installieren, um die Fliegen aus der Querfahrerei zu entfernen. Mit Chrom innen und außen wurde nicht gespart und die Kabine zeitweise mit Schlangenleder-Imitat ausgekleidet. Ein Schaltgetriebe ergänzte die technischen Leckerbissen des KR 175/KR 200: der Ganghebel lag rechts vom Fahrer und lief in einer Ratschenkulisse in einer Ebene: Das so genannte sequentielle Getriebe war gewissermaßen hier erfunden worden, das Jahrzehnte später für Sport- und Rennwagen zur Serienausstattung gehörte. Die Leistung stieg in kleinen Schritten über 9 auf 10,2 PS. Als letztes Modell ergänzte dann der „Tiger 500“ die Produktpalette und wies vier statt drei Rädern auf. Der wurde auf Autobahnen zum Schrecken der etablierten Konkurrenz, da er wie ein Tiefflieger angedüst kam und bis zu 130 km/h schnell war. Die Bauzeit des Kabinenrollers endete dann 1964.

Wir waren seinerzeit einfach nur traurig…

Foto: Frank Nüssel (aufgenommen im Automobilmuseum Fichtelberg)

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