Buchtipp – Frank Goosen über The Beatles

Frank Goosen kann sehr pragmatisch denken: Unvergessen etwa sein „Liegen lernen“, in dem er die Vorbildfunktion der Katze für den Menschen in seinem Alltag sehr plastisch beschrieb.

Nun sind es die Beatles. Und mit seinem sehr persönlichen Buch über die „Fab Four“ liefert er eine plausible und wiederum pragmatische Erklärung für etwas Merkwürdiges: Von den vier „Pilzköpfen“ leben noch zwei. Ringo Starr wird im Juli 80, lebt weitgehend zurückgezogen, Paul McCartney hat noch jüngst einen fulminanten Erfolg mit einem Album gelandet. Das war „Egypt Station“. Die Trennung des Quartetts jährt sich heuer zum 50. Mal. Dass sie sich beizeiten von ihrem Repertoire von früher distanzierten („alter Käse“) – interessiert keinen Fan. Auch Frank Goosen nicht, der, Jahrgang 1966, nie eine Chance hatte, seine Lieblingsband mal live zu erleben. Und noch viel Jüngere halten der Band die Treue – die Verkaufszahlen sprechen eine klare Sprache. Auch wenn für technisch auf der Höhe der Zeit bearbeitete Alben dreistellige Euro-Summen verlangt werden. Warum ist das so? Was macht die Faszination einer Band aus, die es – anders als die zeitgleich mit den Beatles aufgekommenen Rolling Stones – als solche gar nicht mehr gibt?

Es mag die besondere Art des Unangepassten sein, die von allen ausging: Goosen, im Ruhrgebiet aufgewachsen, hat die „Pilzköpfe“ stets als willkommenen Kontrast zum Alltag empfunden. Und als besonders wirksame Rebellion: „Meine Familie steckte knietief im deutschen Schlager“ – und das taten Lennon, McCartney, Harrison und Starr nun wirklich nicht. Sogar Volker Lechtenbrink mit seiner Nähe zu Kris Kristofferson reichte für Goosen nicht an die Vier aus Liverpool heran.

Die Fan-Treue bleibt auch erhalten bei drastischem Stilwechsel: Zwischen „Love Me Do“ und „Lucy In The Sky With Diamonds“ liegen ja wahrlich Welten – trotzdem. Und in Zeiten des Brexit und der Turbulenzen bei den Royals fällt einem tatsächlich ein früher Lennon ein: Der forderte bei einem Konzert in Anwesenheit von Mitgliedern der Königlichen Familie zum Mitklatschen auf. Und die Gekrönten, betonte er, sollten lediglich mit ihren Juwelen rasseln.

Natürlich war das alles im Alltag des Ruhrgebiets auch der „Farbtupfer“ mittendrin. In einer Zeit, in der die Menschen sich diese Farbtupfer quasi organisieren mussten, weil der Alltag sie nicht hergab. Da konnte auch das eigene Auto en Highlight sein in der noch recht jungen Bundesrepublik. Musik musste allerdings zuhause gehört werden – die „Soundanlage auf vier Rädern“ war noch in weiter, weiter Ferne.

Frank Goosen über The Beatles. Kiepenheuer und Witsch Verlag; 12 Euro.

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