Italienischer Chic vereint mit französischer Komfort-Kultur hatten Peugeot in den 1970er Jahren zu einer Macht in der oberen Mittelklasse gemacht, die sogar auf Augenhöhe mit Mercedes unterwegs war. Eine Erfolgsgeschichte, die der legendäre Peugeot 504 begründete und die 1979 vom größer dimensionierten 505 in die Zukunft getragen werden sollte.

Gekleidet waren die geräumigen Gallier einmal mehr im distinguierten Stil der Pininfarina-Studios, unter dem Blech aber war der Peugeot 505 als erstes Modell der Löwenmarke speziell auf die Wünsche deutscher Kunden ausgerichtet. Schließlich sollten die neuen Limousinen und Kombis als globale Imagebotschafter des von Peugeot geführten PSA-Konzerns brillieren und eines Tages auch den staatstragenden Typ 604 ersetzen. Also fokussierten sich die 505-Entwickler auf ein formidables Fahrwerk, feine Materialien sowie auf ein Interieur im Oberklasse-Format. Diese opulenten Raumverhältnisse ermöglichte ein Radstand von 2,74 Meter – das war mehr, als Opel Senator, Audi 200 oder die S-Klasse (W116) boten. Auch Leistung wurde nun ein Thema, deshalb fanden unter der Haube der neuen Löwen die allerersten Peugeot-Turbo-Aggregate Platz und ebenso der repräsentative 2,8-Liter-V6 aus dem altgedienten 604. Voll des Lobes war die Fachwelt auch über die Zuverlässigkeit der sogar als Yellow Cab in New York reüssierenden Nummer 505. Tatsächlich war dieser Peugeot immer für Überraschungen gut.

Meistverkauftes Importmodell der oberen Mittelklasse in Deutschland, fast 1,4 Millionen produzierte Limousinen und Kombis in 13-jähriger Bauzeit, Motorsportsiege bei internationalen Tourenwagenrennen und Rallyes wie der Tour d‘Europe, in vielen Ländern Prestigemodell für Politiker und Prominente und populärstes Familienfahrzeug für alle, die keinen Mercedes W123, Volvo 240, Citroen CX oder Renault 20/30 wollten: Die Liste der Erfolge des Peugeot 505 ist lang und dennoch ist der Typ heute fast vergessen. Vielleicht, weil er stets ein wenig im Schatten des parallel weiter gebauten Weltautos 504 fuhr, vor allem aber, weil es dem 505 schwerfiel, in einer Zeit zu glänzen, in der es bei Peugeot und PSA um alles oder nichts ging. Als neuer Kassenschlager sollte er den ganzen ins Schlingern geratenen Riesenkonzern wieder auf Kurs bringen. Aber diese Herkules-Aufgabe konnte die große Mittelklasse allein kaum meistern.

Was war geschehen? 1978 hatte PSA Peugeot Citroen die Chrysler-Europamarken übernommen und diese unter Talbot zusammengefasst. Damit positionierte sich der Konzern mit einem Jahresausstoß von 2,2 Millionen Fahrzeugen als größter europäischer Autobauer. Nur ein Jahr später erschütterte die zweite Ölkrise die Weltwirtschaft und speziell die Neuerwerbung Talbot schwächelte. Plötzlich belasteten die Kosten der Krise Peugeot so sehr, dass schließlich der ganze Konzern vor dem Konkurs stand, wie Unternehmensführer Bertrand Peugeot später bekannte. Da ruhten alle Hoffnungen auf dem harmonisch gestylten 505, dem bis dahin deutschesten Peugeot überhaupt. Besonders bei der Fertigungsqualität und Fahrwerk hatte Sochaux beim süddeutschen Wettbewerb Maß genommen und deshalb eine straffe und kurvenhungrige Fahrwerksabstimmung mit Schräglenkerhinterachse á la BMW und Mercedes gewählt. Tatsächlich hatten die Franzosen gezielt deutsche Premium-Käufer nach ihren Vorlieben befragt, denn was jenseits des Rheins reüssierte, würde auch weltweit gefallen, wie Peugeot meinte und bei der Pressepremiere des 505 verriet. Dazu passte auch, dass der 505 als letzter Peugeot mit konservativem Antriebslayout aus längs eingebautem Frontmotor und Hinterradantrieb vorfuhr.

Trotz dieser teutonischen Eigenschaften gelang der 4,58 Meter langen Peugeot 505 Limousine – der Kombi folgte erst 1982 – weder in Deutschland noch im weltweit wichtigsten Markt Nordamerika der erhoffte ganz große Aufschlag. In den USA hakte es nach Unstimmigkeiten mit Kooperationspartner Chrysler am Vertriebsnetz und für schnelle Erfolge im Land der unlimitierten Autobahnen fehlte es dem Peugeot 505 anfangs schlicht an kurzfristig verfügbaren starken Maschinen. Als die temperamentvollen Turbo-Benziner und -Diesel dann endlich verfügbar waren, hatten neue Generationen von Audi 100 und Mercedes-E-Klasse bereits eine avantgardistische aerodynamische Revolution bewirkt, die den biederen 505 mit cW-Wert 0,44 schlagartig altern ließ. Dafür brachten die effizienten Saug- und Turbodiesel aus dem Peugeot 505 immerhin den Selbstzünder-Absatz bei Ford in Schwung. Liefen doch Sierra D und Granada D mit Power von Peugeot, dem damals weltweit erfolgreichsten Dieselmotorenhersteller.

Keine Enttäuschungen erwarteten den Peugeot 505 auf anderen Märkten, denn dort verdienten die komfortablen Reiselimousinen und Kombiversionen Break und Familiale – beide mit verlängertem Radstand – das für die Konzernsanierung dringend benötigte Geld. Allein die Realisierung aufregender Spezialitäten scheiterte an der schwierigen Finanzsituation: Das von Pininfarina formvollendet gezeichnete Allradcoupé Peugeot Griffe auf Basis des 505 blieb ebenso schöner Traum wie ein elegantes Cabriolet ohne Überrollbügel. Für die Emotionen zuständig blieben daher die bei Rallyecross-, WRC- und Tourenwagenserien eingesetzten Limousinen und der 1987 eingeführte 505 Turbo Injection mit 128 kW/174 PS Leistung. Mit diesem aufgeladenen Vierzylinder fanden die Techniker in Sochaux endlich Anschluss an die 0-100-km/h-Sprintwerte Stuttgarter und Münchner Sechszylinder und auch die skandinavischen Turbos waren nun nur noch in der Vmax überlegen.

Solche Leistungsduelle entlockten den meisten 505-Käufern kaum ein Schmunzeln, für sie waren andere Talente wichtig. Etwa das gigantisch anmutende Gepäckraumvolumen von 2.240 Litern beim 4,90 Meter langen 505 Break. Damit übertraf der Kombi seinen Erzrivalen Citroen CX ebenso wie die Laderiesen Volvo 240/740. Auch die sieben in Fahrtrichtung angeordneten Sitzplätze des 505 Familiale standen für einen Höhe- und vorläufigen Schlusspunkt in der Geschichte europäischer Mitteklassekombis. Speziell für den Vertrieb und die Montageproduktion in Südamerika, Afrika und Asien – darunter auch China – behielt Peugeot einen bewährten 2,0-Liter-Benziner mit Vergaser und einen 2,3-Liter-Saugdiesel im Programm. Als fast unzerstörbare Arbeitstiere blieben die Peugeot dort fast bis zur Jahrtausendwende in Fertigung und vereinzelt bis heute als unzerstörbare Dauerläufer im Einsatz. In Europa stoppten die Bänder für den Peugeot 505 bereits 1992, nach knapp 1,4 Millionen Einheiten ganz ohne Aufsehen oder Abschiedsparty. Er war halt ein stiller Held, aber er hatte dazu beigetragen, Peugeot und PSA vor dem Untergang zu bewahren. Der Konzern schrieb seit 1987 wieder schwarze Zahlen und leistete sich prompt gleich zwei Nachfolger für den Peugeot 505: Künftig sollte das Duo aus 405 und 605 die Macht des Löwen in der Mitte absichern.

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