Vor 50 Jahren feierte sich „Swinging London“ letztmals als Epizentrum der Mode- und Popwelt der Sixties: die Beatles präsentierten das Album „Abbey Road“, Modemacherin Mary Quant ließ den Minirock zum Micro-Mini schrumpfen und die British Leyland Motor Corporation (BLMC) zeigte ihren alternden Millionseller Mini in provozierend chrom-glänzender Couture fürs kommende Jahrzehnt. Clubman nannte sich diese neue Topversion des kultigen Cityflitzers und inszeniert wurde sie vom früheren Ford-Designer Roy D. Haynes in opulenter Form. Aber anstelle des von der Fachwelt erwarteten Fließheckmodells mit praktischer, großer Klappe wie sie der ebenfalls neue BLMC-Typ Austin Maxi zeigte, blieb der Mini Clubman ein zweitüriger Saloon mit winziger Kofferraumraum-Öffnung.

Die Kasse des finanziell maladen BLMC-Konzerns gab gerade genug Geld her für einen um zwölf Zentimeter verlängerten Vorderwagen, klotzige Chromnase und aufgewertetes Interieur. Sparen bestimmte auch die Mini-Sport-Fraktion, denn statt Cooper waren nun Mini 1275 GT im Clubman-Dress für den Herzklopf-Faktor zuständig. So sparte sich die BLMC eine fällige Vertragsverlängerung mit dem PS-Virtuosen John Cooper. Ach ja, wer unbedingt ein Ladeabteil mit Türen wollte, fand beim Mini Clubman Estate eine Lösung – und den Vorläufer des heutigen, gleichnamigen geräumigen Lifestyle-Kombis. Kult wurde der Ur-Clubman trotzdem und zwar als Favorit für alle, denen konventionelle Minis zu beliebig und Kleinwagen wie Ford Escort zu spießig waren.

Die Fans der kleinen Klasse mochten den neuen Clubman aber auch, weil er moderner war als der klassische Mini von 1959. Zehn Jahre waren seitdem vergangen, ein langer Zeitraum, in dem damals andere Massenhersteller wie Ford oder Vauxhall nicht weniger als drei Generationen ihrer Volumenmodelle produzierten. Nur der Mini blieb nahezu unverändert, was besonders seiner sympathischen Front mit Konturen nach dem süßen Kindchenschema anzusehen war. Zur alterslosen, weltweit gefeierten Design-Ikone sollte der Ur-Mini erst nach den 1980er Jahren reifen – als er den Mini Clubman überlebte und ebenso seinen designierten Nachfolger Metro.

1969 war also erst einmal ein Facelift gefragt und so präsentierte sich der Mini als Clubman mit selbstbewusster, langgestreckter Front in rechteckigen Konturen. Damit glich Chef-Stilist Roy D. Haynes das Erscheinungsbild des Clubman den größeren, brandneuen BLMC-Mittelklasse-Typen Austin Maxi und Morris Marina an und auch dem populärsten Briten überhaupt, dem Ford Cortina. Allesamt Modelle übrigens, die unter Haynes entstanden. Der Clubman war im BLMC-Portfolio ein zusätzliches Modell und rangierte trotz identischer 1,0-Liter-Vierzylinder mit mageren 26 kW/36 PS in der Hierarchie über den vertrauten Mini 1000 und war als „Saloon“ und Kombi „Estate“ erhältlich. Im Interieur überraschte er durch neue, voluminös gepolsterte Sitze, zentral vor dem Fahrer platzierte Armaturen und komfortable Kurbel- statt Schiebefenster in den Türen sowie nach innen verlegte Türscharniere, die im Rahmen der Modellpflege aber auch dem konventionellen Mini (Codename ADO20) zu Gute kamen und ein rostiges Problem abstellten.

Aber genügten diese Finessen für die bis dahin wohl vollmundigsten Werbeversprechen der britischen Automobilindustrie? Tatsächlich feierte das BLMC-Marketing den Mini Clubman als „größte Erfindung seit dem Rad“, „Botschafter einer neuen Automobilkultur“ und auf der Kinoleinwand als „wahren Sieger der Luftschlacht um England“ (wobei ein Ford die Rolle der deutschen Feinde übernahm). Viel Lärm um nicht mehr als eine verlängerte Blechnase, meinten manche Motorjournalisten, und besonders das mangelhafte Temperament des schwereren Clubman gegenüber dem bereits betulichen Mini 1000 wurde nun offen kritisiert. Gerade einmal 117 bis 120 km/h Spitze erreichte der Clubman und damit knapp so viel wie die Zweizylinder-Zwerge NSU Prinz oder Citroen Ami. Preislich befand sich der Mini Clubman dagegen auf einem Niveau mit größeren Modellen wie Ford Escort, Opel Kadett oder auch Fiat 128, dessen muntere 40 kW/55 PS den Italiener auf flotte 140 km/h beschleunigten. Allerdings hatte auch die BLMC noch ein Ass im Ärmel, wie der Werbeslogan „You don’t need a big one to be happy“ („Du brauchst keinen Großen zum Glücklichsein“) ankündigte: den Mini 1275 GT.

Der bis zu 43 kW/59 PS kräftige Vierzylinder aus den größeren Austin/Morris 1300 GT trieb diesen Mini GT im Clubman-Look – aber mit zusätzlichen zeitgeistigen Rallyestreifen – in knapp 14 Sekunden auf 100 km/h und überhaupt zu Fahrleistungen, die sich fast mit Giftzwergen á la Fiat-Abarth oder Mini Cooper messen konnten. Zumal der verlängerte Motorraum im 1275 GT dem Tuninggewerbe viel Spielraum ließ. Das war bitter nötig, denn ab 1971 beendete BLMC die Kooperation mit John Cooper und setzte auf neue Wettbewerbsfahrzeuge wie den Triumph Dolomite Sprint. Aber auch der Mini 1275 GT erntete noch motorsportliche Lorbeeren. Kurz vor Ende seiner Karriere – der nachfolgende Mini Metro machte sich schon startklar – bewies sich der Racing-Clubman 1978 und 1979 unter Richard Longman als unschlagbarer Champion der britischen Tourenwagen-Meisterschaft.

In den Zulassungscharts machte der bis 1982 ausgelieferte Clubman den Mini ebenfalls zum King. Weniger durch seine Gesamtauflage von 583.862 Einheiten (inklusive Clubman made in Australia) als dadurch, dass er den Absatz aller Mini-Varianten ab 1971/72 zu einem Allzeithoch mit über 300.000 Einheiten pro Jahr trieb. Trotz technisch frischerer Hatchback-Konkurrenz aus Frankreich und Italien hatte der 1959 von Alec Issigonis erdachte Oldie noch einmal seine kurze Knubbel- und lange Clubman-Nase vorn. Dazu beigetragen hat auch das Ende des berüchtigten britischen Badge-Engineerings, denn mit dem Clubman wurde Mini 1969 eine eigenständige Marke. Statt des verwirrenden Vertriebs unter Austin-, Morris-, Riley- und Wolseley-Signets gab es nun nur noch Mini. Der richtige Schritt, um aus dem bisherigen Modellnamen Mini eine Marke von solchem Wert zu machen, dass sie sogar den Untergang zuerst des BLMC- und dann des Rover-Imperiums überlebte.

Der 2001 von BMW lancierte und heute in dritter Generation befindliche „New MINI“ führt die Design-DNA und die britischen Gene des 59er Originals fort und das inklusive des Typs Clubman. Allerdings zitiert der 2007 gestartete MINI Clubman (Code R55) mit verlängerter Karosserie nicht den Zweitürer von 1969, sondern den besonders stilvollen Kombi Clubman Estate, der schon damals auf einen extra langen Radstand vertraute. Zur Goldgrube für BMW wurde der New MINI Clubman aber auch dank scharfer Cooper-Versionen, mit denen sich seit 2014 die dritte Clubman-Generation (F54) schmückt. Wie es weitergeht? Groß, wie das jüngste Mini-Facelift zum 50. Clubman-Jubiläum zeigt. Mit 4,26 Meter kann sich der Clubman zumindest in der Länge bereits mit dem VW Golf messen – und die elektrischen Antriebe werden beim nächsten Modellwechsel folgen.

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