50 Jahre Porsche 917 und ein Gespräch mit Hans Herrmann

Bei Porsche spielt man gerne mit Zahlen. 911 ist gesetzt für perfekte Straßensportwagen, aber das Motorsportherz schlägt richtig hoch bei der Ziffernfolge 917. Es ist die Kennzahl für den berühmtesten Rennwagen überhaupt, erstmals präsentiert auf dem Genfer Automobilsalon 1969, vor genau 50 Jahren. Das Fahrzeug erfuhr im Laufe seines automobilen Lebens viele Veränderungen. Den wohl bekanntesten Auftritt hatte es aber ohne Zweifel, als es 1970 den Gesamtsieg in Le Mans einfuhr.

Als Versuchs – und Präsentationsfahrzeug begann die Karriere des Porsche 917. Porsche-Mann Hans Metzger zeichnet verantwortlich für den Rennwagen, sowohl für den Zwölfzylinder-Mittelmotor als auch für das Gesamtfahrzeug. Die ersten Motoren brachten eine maximale Leistung von 520 PS bei 8000 Umdrehungen, die späteren Turbotriebwerke erreichten bei 7.800 Touren 1.100 Pferdestärken. Porsche kam es damals zugute, dass die internationale Motorsportbehörde FIA die in der Sportwagen-Weltmeisterschaft herrschende Hubraumbegrenzung von drei Liter auf fünf Liter anhob und für die Homologation lediglich 25 gefertigte Exemplare forderte. Die sparsamen Schwaben hatten 1962 ihr gerade gestartetes Formel-1-Engagement eingestellt und wollten jetzt mit dem Porsche 917 in die Sportwagen-WM. Auf Basis des Porsche 908 mit dem Dreiliter-Achtzylinder begann die Entwicklung des späteren Super-Renners im Jahre 1968. Die Karosserie bestand aus glasfaserverstärktem Kunstharz, der Motor lag unter einer Plexiglashaube, die Frontscheibe war aus Verbundglas. Gebaut wurden vom Porsche 917 die Varianten Kurzheck-Coupé, Langheck-Coupé und Spyder. Bei Testfahrten zeigte sich, dass die Fahrzeuge schwer zu beherrschen waren und sehr unruhig auf der Piste lagen. Bei Testtouren auf der damals noch nicht mit Schikanen eingebremsten berühmten Hunaudiéres-Geraden erreichte der Porsche 917 Geschwindigkeiten nahe der 400 km/h-Marke. Als das „riskanteste Auto seines Lebens“ hatte der damalige Leiter der Porsche-Entwicklung, Ferdinand Piëch, den 917 einmal bezeichnet.

Um die Fahreigenschaften des Rennwagens zu verbessern, hatte sich Porsche die Dienste des Briten John Wyer, Teamchef beim legendären Gulf Racing Team, gesichert. Das Heck wurde überarbeitet, Ansaugtrichter und Lüfterrad lagen jetzt offen, 96 Millimeter war das Auto breiter geworden. Damit konnte die Reifendimension wachsen. Die Fahrer hatten jetzt 600 PS zur Verfügung. Das Ziel der Bemühungen war klar, es ging um den Gewinn der Sportwagen-Weltmeisterschaft und den Sieg bei den legendären 24 Stunden von Le Mans. Der Sieg auf der Rennstrecke im Department Sarthe ist Imagegewinn pur. Porsche trat also mit einigen Teams und dem 917 an. Zwei Fahrzeuge kamen von der Porsche KG Salzburg, Besitzerin Louise Piëch, die Tochter von Ferdinand Porsche und Mutter von Ferdinand Piech. Ein Auto mit dem langen Heck wurde gefahren von Vic Elford und Kurt Ahrens, den anderen Porsche 917 mit dem kurzen Heck bewegten Hans Herrmann und Richard Attwood. Für den Schwaben Hans Herrmann wurde das Rennen das wichtigste seines Lebens, er holte zusammen mit Attwood den Gesamtsieg für Porsche, den ersten in Le Mans. Der Porsche 917 mit der Chassis-Nummer 001 wurde von Porsche in die Optik des Siegerwagens von 1970 gebracht und feiert jetzt seinen 50. Geburtstag im Porsche-Museum in Zuffenhausen. Das Original des Siegerautos mit der Chassis-Nummer 023 befindet sich in Privatbesitz.

Rennfahrer Hans Herrmann gab im Jahre 2010, damals gerade 82 Jahre alt geworden, dem KÜS Magazin ein Interview, zu finden im Netz unter https://www.kues-magazin.de/der-schnelle-schwabe-ein-gespraech-mit-rennfahrerlegende-hans-herrmann/ . Sein Kommentar zum Rennen und dem Sieg in Le Mans: „24 Stunden, ganz verschiedene Witterungen, Nacht – da wird einem alles abverlangt. Gerade 1970, am Tag Sonne, Wolkenbrüche, ständige Reifenwechsel, das Fahren in der Gischt des Vordermannes, die unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Die langsamsten Autos fahren 280 Spitze, unsere schnellste Geschwindigkeit waren 382 im Training. Die Angst fährt mit, ich bin in diesem Rennen an schweren Unfällen vorbeigefahren. Am meisten Respekt hatte ich vor Aquaplaning, es regnete ja teilweise wie aus Kübeln. Der Sieg hat dann aber sehr gut getan, zumal ich im Jahr vorher mit anderthalb Sekunden Rückstand Jacky Ickx den Sieg überlassen musste. Man stelle sich das einmal vor, 24 Stunden fährst du am Limit, und dann entscheiden anderthalb Sekunden. 1970 kamen dann auch die ersten Gedanken ans Aufhören. Du kannst nicht immer so viel Glück haben, über so lange Zeit. Bei uns gab es drei, vier Tote – aber im Jahr. Le Mans 1970 war dann auch mein letztes Rennen.“

Ihrer Nennung mit einem Porsche 917 abgegeben für das Rennen 1970 in Le Mans hatten auch Jackie Stewart und die Hollywood-Ikone Steve McQueen. Sie wollten den Film Le Mans drehen. Die Verantwortlichen lehnten ab, ließen aber ein Kamerafahrzeug zu. Aber das wäre dann wieder eine eigene Geschichte.

Fotos: KÜS, Porsche

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