Buchtipp – Reichs: Blutschatten

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Gut und böse sind klar voneinander getrennt, am Ende unterliegt das Böse dem Guten. So funktioniert der klassische Whodunnit-Krimi. Ein immer noch bewährtes Rezept – jedenfalls besser als ein misslungenes Buch, das von diesem Rezept abweicht.

Mehr und mehr gelingen aber genau solche Abweichungen sehr gut. Im Tatort beweist es z. B. der Dortmunder Kommissar Faber, verkörpert von Jörg Hartmann: Um, zugespitzt formuliert, gegen das Böse anzugehen, auch beruflich, muss man selbst vom Leben nicht unbeschädigt sein.

Extrem gerät dieses andere Rezept bei Kathy Reichs:Die Nachbarin zu meiner Rechten hält mich für verrückt und bringt mir deshalb Käse.Ich hörte das Knirschen ihrer Stiefel auf dem Weg. Eine Pause, dann knirschten die Muschelschalen wieder.Ich hob eine Ecke des Geschirrtuchs an, das an meinem Küchenfenster als Vorhang fungiert. Sie war schon wieder fünf Meter weg, ein schattenzerfranster Fleck zwischen den Eichen.Sechs Jahre, und ich wusste immer noch nicht, wie sie hieß. Wollte ich auch nicht. Hatte nicht die geringste Lust, Rezepte oder Kommentare übers Wetter auszutauschen.Ich öffnete die Tür einen Spaltbreit, schnappte das in Plastik eingewickelte Päckchen und schob es in den Kühlschrank.Ich habe eigentlich nichts gegen den Käse. Aber ich mag die scharfen kleinen Augen nicht, die sich in meine Seele bohren. Und erst recht nicht das Mitleid.

Sunday Night heißt die Frau, die sich dermaßen vor dem Alltag verkriecht. Warum das so ist, gehört zu einem tragischen Hintergrund. Und dann wird solch eine Frau auch noch gebeten, bei der Suche nach einem verschwundenen Mädchen zu helfen.

Kathy Reichs gelingt auch mit Blutschatten ein gewagter Ansatz mit vielen Überraschungen, die sich auch gerne in Nebensätzen verstecken.

Kathy Reichs: Blutschatten. Blessing Verlag; 20 Euro.

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