Liebe Leserin, lieber Leser,

in schöner Regelmäßigkeit üben sich Presseabteilungen der großen Automobil-Hersteller darin, Meldungen in Form von Jubelarien ab zu setzen, wenn eines ihrer Modelle mal wieder bei irgendeinem Award gut abgeschnitten hat und einen – ihrer Meinung nach fürchterlich wichtigen – Preis abgestaubt hat. Denn sowohl die Industrie, Verbände, aber auch Publikationsorgane haben es sich zur Aufgabe gemacht, in allen möglichen Kategorien Preisträger auszuzeichnen. Dann werden der beste Kompakte, das großzügigste Familienauto, das überraschendste SUV, das wunderbarste Cabriolet und was sonst nicht noch alles gewählt.

Und um dabei auch den Proporz zu wahren, um möglichst viele, wenn nicht sogar alle Automobil-Hersteller in den Genuss einer solchen Auszeichnung kommen zu lassen, werden diese Preise in der Regel nach dem Gießkannen-Prinzip verteilt. Sprich: Jeder darf irgendwann mal irgendeinen Pokal fürs automobile Familienalbum für sich in Empfang nehmen. Denn schließlich will man niemanden verprellen und irgendwie sind ja ohnehin alle miteinander verbandelt und voneinander abhängig in diesem Zirkus, in dem sprichwörtlich das „große Rad“ gedreht wird.

Demzufolge sind alle diese Auszeichnungen auch mit etwas Vorsicht zu genießen, denn in der Regel steht irgendein ökonomischer Proporz hinter der Entscheidung. In dieser Woche allerdings wurde ein Fahrzeug beim 33. Festival Automobile International in Paris zum „schönsten Auto des Jahres 2017“ gekürt, bei dem auch ich gewisse emotionale Empfindungen bei der Namensnennung verspüre. Ein Fahrzeug, das lange von der Bildfläche verschwunden war und jetzt wieder neu aufgelegt wurde: Die wunderbare Renault Alpine.

Autoliebhaber/innen meiner Generation werden sich in der Regel mit Bewunderung an das Formenspiel dieser französischen Diva auf Rädern erinnern und die Einstellung der Produktion als einen Tag der sprichwörtlichen Tristesse empfunden haben. Denn immerhin handelt es sich um ein urfranzösisches Derivat. Die neue Alpine A 110 verkörpert nämlich nicht nur nach meiner Meinung vieles an optischer Präsenz und außergewöhnlicher Strahlkraft, was bereits das frühe Original ausgezeichnet hat. Einfach ein Fahrzeug, das gegen viele Konventionen verstößt und dennoch kaum polarisiert. Ein Automobil, dem man mit Recht das Attribut außergewöhnlicher Harmonie des Formenspiels zubilligen muss.

Über Sinn und Auszeichnungen der vielfältigen Awards in der Automobil-Industrie kann und sollte man geteilter Meinung sein. Oft genug ist das Ergebnis ja auch nur Basis im Für und Wider des Meinungsaustausches über ein Urteil. Wenn es jedoch darum geht, einem Produkt auf vier Rädern die Krone der optischen Vollkommenheit zu attestieren und man dafür die neue Renault Alpine A 110 hernimmt, dann kann ich nur sagen: Chapeau! Selten habe ich ein so über allen Diskussionen stehendes Conclusio gesehen. Und mit dieser Meinung bin ich sicherlich nicht alleine.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende

Ihr Jürgen C. Braun

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