Liebe Leserin!
Lieber Leser!

Das neue Jahr – so will es der Brauch – beginnt in der Regel mit einer Reihe guter Vorsätze. Mit Lastern aus den vergangenen Jahren, die man (zumindest zum Teil) loswerden möchte. Die Richtung ist in der Regel die Gleiche: Etwas mehr für die eigene Gesundheit tun, ein wenig Sport treiben, vom Rauchen loskommen und so weiter und so weiter. Der guten Vorsätze gibt es Viele, in der Regel ist die Haltbarkeitsdauer der meisten recht übersichtlich. Was auch ein Gutes hat, denn damit hat man sich auch gleich wieder einen guten Vorsatz für den nächsten Jahreswechsel aufgespart.

Oft aber möchte man auch an lieb gewordenen Traditionen festhalten, die Fixpunkte in den vergangenen Jahren waren. Und dazu gehört bei Vielen von uns, von Ihnen, der regelmäßige „Tatort“ am Sonntagabend. Von 20.15 Uhr bis 21.45 Uhr werden in der Republik von Kiel bis München, von Saarbrücken bis Dresden und manchmal auch in der Schweiz und in Österreich oft in skurrilen Fällen böse Buben (und manchmal auch Mädels) gejagt.

Und siehe da: Was serviert uns die ARD gleich im ersten Tatort des neuen Jahres? Einen komplizierten Fall aus dem Westen der Republik. Der Saarbrücker Kommissar Jens Stellbrink (Devid Striesow) hat einen kniffligen Fall zu lösen, in dem – man höre und staune – ein Auto zur Mordwaffe wird. Ein autonom fahrendes nämlich, das sich selbstständig macht und unbeherrschbar wird. Im Drehbuch zumindest.

Uns Auto-affine Menschen beschäftigt dabei die Frage: Was ist Fiktion, was Wirklichkeit. Was ist spannende Sonntagabend-Unterhaltung, was wissenschaftliche fundierte Grundlage. Kurzum: Wie glaubhaft war dieser Tatort, in dem ein autonomes Auto Daten sammelte? Ein Prototyp noch, mit dem – ist es erst einmal komplett zur Serienreife entwickelt – jede Menge Geld verdient werden kann, Unmengen von Geld, so will es das Drehbuch.

Ist das nun ein Fall für die pure Automobil-Begeisterung oder doch eher der späte Nachklatsch eines Orwell’schen Zukunfts-Thrillers nach dem „Big-Brother-is-watching-you“-Prinzip? Vor der Mattscheibe wird die fahrende Wundertüte zum Datenklauer: Das autonom fahrende Auto, in dem das Mordopfer starb, kann scheinbar alles: Es misst Herzfrequenz, Gehirnströme sowie Zucker, Alkohol und chemische Substanzen im Blut des Fahrers. Das alles mittels eigener Sensoren. Zudem überprüfen Kameras im Innenraum dessen Pupillenreaktion und Außenkameras behalten die Umgebung des Fahrzeugs im Auge.

Ich habe mir diesen Tatort am ersten Sonntag des neuen Jahres auch angeschaut und mich dabei ertappt, dass sich mir die Frage nach der Realität und der technischen Substanz des Angebotenen gar nicht erst gestellt hat. Ich habe mich viel mehr vom Handlungsstrang, vom Spiel der handelnden Personen in Mitleidenschaft ziehen lassen. Das Auto? War das jetzt realistisch, was da gezeigt wurde? Wird es wirklich einmal so weit kommen? Und wenn ja, werden wir, werden Sie das noch erleben?

Eigentlich doch eher zweitrangig. Ist meine Meinung. Als der Abspann über den Bildschirm flimmerte, war ich mir sicher, dass das nicht mein letzter Tatort für 2018 gewesen sein sollte. Denn man sollte sich nicht nur das Fassen neuer Vorsätze, sondern auch das Beibehalten gewohnter Abläufe die uns etwas Ruhe und Entspannung bescheren, beibehalten.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.

Ihr Jürgen C. Braun

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