Liebe Leserin!
Lieber Leser!

Dem (deutschen) Mann und auch vielen Frauen in allen Altersgruppen sagt man zumeist nach, besonders Auto-affin zu sein. Was in den allgemeinen Sprachgebrauch übertragen bedeutet, dass er und sie sich viel und gerne mit Themen rund um das Auto beschäftigen. Aber nicht nur mit derartigen Themen, sondern auch mit dem Objekt als Solches selbst. Man(n) und Frau fährt es nicht nur, man(n) und Frau hegt und pflegt es, und wenn man ein Händchen dafür hat, dann erledigt man auch kleinere Dinge wie Ölwechsel etc. selbst. Ist ja schließlich keine zusätzliche Arbeit, sondern Entspannung und Entschleunigung.

Umso überraschter, um nicht zu sagen geschockter war ich doch in diesen Tagen, als ich in einer Meldung las, das Auto sei nicht mehr des Deutschen liebstes Kind. Nach dieser Meldung kamen die Meinungsforscher des Instituts für Demoskopie Allensbach in ihrer Markt- und Werbeträgeranalyse (AWA) zu dem Ergebnis, dass das Auto hierzulande – insbesondere für Jugendliche – an Bedeutung verliert: Sein Status als Statussymbol bröckelt demnach bei jüngeren Konsumenten beiderlei Geschlechts – aber offensichtlich nicht nur bei diesen.In vielen Gesprächen mit jüngeren Mitmenschen habe auch ich schon die Erfahrung gemacht, dass der Besitz eines Top-Smartphones oder Tablets mit allem möglichen digitalen Schnickschnack mittlerweile dem Auto in der Gunst den Rang abgelaufen hat. Möglichst früh ein eigenes Fahrzeug zu besitzen, sei nicht mehr so erstrebenswert wie die Handlungsfreiheit, schnell, oft und vielfältig auf allen möglichen Kanälen miteinander in Verbindung treten zu können.

Will heißen: die virtuelle Welt wird offensichtlich bei jungen Leuten der Realität vorgezogen. Es ist nicht mehr nötig, mit einem Auto unbedingt irgendwo hin zu kommen. Mit dem Handy kann man sich ja (fast) hinbeamen. Warum sollte ich mich mit Menschen treffen, diese aufsuchen, wenn ich doch mit ihnen chatten, simsen oder whatsappen kann?

Was sich daraus ableiten lässt: Autokäufer werden in der Regel immer älter. Das Alter der Kunden steigt zudem schneller als die demografische Altersentwicklung, wie eine Studie des Center Automotive Research (CAR) an der Universität Duisburg-Essen ergab. Demnach ist der repräsentative Neuwagenkäufer inzwischen knapp 53 Jahre alt. Vor ein paar Jahren habe dieser Wert noch bei Mitte vierzig gelegen. Bei Gebrauchtwagenkäufern, so stand in der von mir eingangs zitierten Meldung zu lesen, ist der nach oben gegangene Altersschnitt laut der CAR-Erhebung noch offensichtlicher: Das Durchschnittsalter stieg von 37,5 im Jahr 1995 auf knapp 45 in diesem Jahr.

Aber auch in diesem Fall gilt: Statistiken sind in erster Linie dazu da, um sie so zu lesen, wie man es gern hätte. Ich selbst wohne in einem recht ländlich strukturierten Raum. Und dort braucht man ein Auto mangels gut ausgebauten ÖPNV auch nicht nur, um zum Sport, zu Freunden, in die Disko oder in Urlaub zu fahren. Okay, Essen und Kleidung kann man sich mittlerweile bei Online-Diensten bestellen, Bankgeschäfte online erledigen. Und sein Geld kann auch (zumindest immer häufiger) online verdienen. Aber wer einen Job hat, bei dem man persönlich präsent sein muss, der kann sich leider nicht mit dem Handy dorthin beamen. Und wenn kein Bus oder keine Bahn fährt und es für das Fahrrad zu weit ist, dann hilft eben nur ein Auto.

Gott sei Dank, bin ich versucht zu sagen.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.

Ihr Jürgen C. Braun

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