CD-Tipp – Blondie: Pollinator

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Dass der Name keine Person, sondern eine ganze Band benennt, musste man seinerzeit erst mal lernen. Das war Mitte der Siebziger, als Songs wie Denis und Sunday Girl die Charts stürmten. Man tat Debbie Harry – die Frontfrau der Band, die sich eben Blondie nannte – in die Punk-Ecke, die damals immer größer wurde, junge Fans eroberte und deren Eltern in Angst und Schrecken versetzte. Tatsächlich aber war das Spektrum der Band viel breiter: Punk-Rock? Disco? Rap? Pop? Es war von allem was dabei. Die allzu simple Einordnung mag nahegelegen haben, da die Band sich in New York gründete, als der Städteverfall ein großes Thema war.

Punk als massive Kritik am Establishment – unter dem Aspekt passt die Schublade allerdings bis heute. Debbie Harry hat in Interviews nie ein Blatt vor den Mund genommen und im Vorfeld ihres neuen Albums unter anderem zwar vor einer Anti-Trump-Hysterie gewarnt, gleichzeitig aber betont, dass man die Amtszeit durchaus sehr genau und kritisch beobachten müsse. Der Albumtitel passt: Pollinator, salopp übersetzt mit Beschmutzer. Ach so, ja, die Frau, die auch vor Kraftausdrücken nicht zurückschreckt, wird im Juli 72 – unglaublich.

Unglaublich auch deshalb, weil sie mit dem Produzenten John Congleton einen kongenialen Partner fand, der altersmäßig ihr Sohn sein könnte. Das Ergebnis steckt voller Energie und Überraschungen: Zum Beispiel „Doom Or Destiny“ mit Joan Jett als Gast und „Long Time“ mit dezenten Anklängen an den Blondie-Klassiker Heart Of Glass. In den Texten, unter anderem zu Altersdiskriminierung und Sexismus, merkt man dann doch die (Alters)Weisheit. Typisch Debbie Harry (ohne deren langjährigen Lebensgefährten Chris Stein Blondie nicht denkbar wäre): „Texte sind immer Sache der Beobachtungen oder des vorübergehenden Wahnsinns oder so“, sagt Debbie. Und den wird sie weiterhin beobachten: So viel ist sicher.

Blondie: Pollinator (BMG).

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