Buchtipp – Snowdon/Lagoda: Das große Specktakel

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Unschuldige muss man rehabilitieren. So ergeht es seit einiger Zeit einer Zutat, die in Großmutters Küche selbstverständlich war, im Vereinigten Königreich zum traditionellen Frühstück gehört wie Soho zu London – und die dann im Zuge verstärkten Gesundheitsbewusstseins wenigstens hierzulande arg in die Kritik geriet. Die Rede ist von – Speck.

Die beste Nachricht zum Thema Gesundheit vorweg: Das würzige Stück vom Schwein ist besser als sein Ruf. Und weil man in aller Regel nur wenig benötigt, um einem Gericht auch in größeren Mengen das gewisse Etwas zu verpassen, ist es auch nahezu unmöglich, die zuträgliche Menge zu überschreiten.

Wie hat es aber ausgerechnet jenes Stück Fleisch, das doch einen derberen Ruf hat als die feineren Stücke wie Lende oder Filet, in einen üppig aufgemachten Bildband geschafft? Ganz einfach: Die Vielfalt der Sorten und etliche unbekannte Einsatzmöglichkeiten legten es nahe.

Mit Orangen und Walnüssen schmückt er jeden Feldsalat elegant. Im ostpreußischen Honigkuchen macht er den reizvollen Kontrast zwischen süß und herzhaft aus. Sogar Fisch und Lamm vertragen sich exzellent mit ihm. Und – er ist international! Davon zeugen die Boston Baked Beans ebenso wie der elsässische Bäckerofen, ein herzhaftes Hauptgericht.

A propos Elsass: Ein liebevoller Exkurs ist dem Flammkuchen und seiner Entstehung gewidmet. Zwar gibt es im Kühlregal schon entsprechenden Teig für die ganz Eiligen, aber der hier präsentierte Brotteig als Unterlage (denn nur so ist er original) sollte sogar Ungeübten gelingen.

Fazit: Allenfalls ganz konsequente Vegetarier und Veganer dürften diesem sehr schön aufgemachten Buch nichts abgewinnen. Speck wird hier tatsächlich in seiner ganzen Vielfalt präsentiert, von der Würzzutat in kleinen Mengen bis zum Hauptbestandteil auf dem Teller. Wie gesagt, das aber-die-Gesundheit-Argument ist mittlerweile entkräftet.

Übrigens: Einer der prominentesten Speck-Fans dürfte Astrid Lindgren gewesen sein. Schwarzbrot mit Speck nannte die Schriftstellerin als ihr Lieblingsgericht, noch bis ins hohe Alter. Man darf annehmen, dass sie, die smaländische Bauerntochter, schon als Kind auf dem elterlichen Hof lernte, was guten Speck ausmacht. Und wenn sie sich mehr Zeit ließ, wandelte sie ihre Lieblingszutat zu einem heißen Gericht ab: Das Rezept für Apfelfleisch sei abschließend genannt. Pro Person braucht man ca. drei Scheiben dünn geschnittenen Speck, je einen Apfel und eine Zwiebel, etwas Bratfett und frisch gemahlenen Pfeffer. Im Bratfett dünstet man die Zwiebelwürfel, gibt die Apfelscheiben zu, die Speckscheiben, und wenn alles gar bzw. kross ist, braucht man nur noch schwarzen Pfeffer zum Würzen (ideal aus der Mühle). Salz erübrigt sich meist, das kommt in genau richtiger Dosis aus dem gebratenen Speck. Dazu (so hat es Astrid Lindgren gehalten) Schwarzbrot. Aber auch Salzkartoffeln sind eine vorzügliche Ergänzung.

Bettina Snowdon/Martin Lagoda/Wolfgang Schardt (Fotos): Das große Specktakel. Becker Joest Volk Verlag; 29,95 Euro.

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