Hörbuch-Tipp – Hagen Rether: Liebe 6

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Bei keinem der heutigen Kabarettisten trifft die Maxime: „Kabarett muss weh tun“ stärker zu, als bei Hagen Rether. Er ist ein brillianter Querkopf, der dem Publikum den Spiegel vorhält. Nicht selbstgerecht von oben. Nein, er tut dies ganz sachlich und unaufgeregt. Sein Programm trägt seit Jahren den Titel „Liebe“ und wird stets aktualisiert. Ab und an wird ein Livemitschnitt als CD angeboten. Kürzlich erschien „Liebe 6“.

In seinen Vorstellungen sitzt Rether – stets gut angezogen – am Konzert-Flügel und plaudert ganz unscheinbar mit dem Publikum. Nicht selten putzt er zunächst das Instrument, isst eine Banane und trinkt demonstrativ laut aus seinem Wasserglas. Nur um nach zwei Stunden Programm – ohne einen einzigen Ton am Flügel gespielt zu habe – süffisant zu sagen: „Okay, legen wir jetzt mal los“. Was nach legerer Bar-Plauderei aussieht, hat es inhaltlich aber dermaßen in sich, dass einem das Lachen vor Betroffenheit oftmals im Halse stecken bleibt. Denn egal ob Globalpolitik, Flüchtlingskrise, Klimaschutz, Kriege oder Innenpolitik. Rether entlarvt auch immer die eigene Bequemlichkeit, die uns zu stillen Akzeptanten macht. Fast schon erleichtert ist man, wenn Rether einen strategischen Kalauer macht, um das Publikum in einen ungezwungenen Lacher zu entlassen, nachdem er es davor in die moralische Mangel genommen hat.Mit seinem Programm Liebe tourt er durch die Lande und bringt sein Publikum zum Nachdenken. Über sich selbst, das aktuelle politische Geschehen, gesellschaftliche Missstände. Dabei stellt er ganz beiläufig die Systemfrage. Jede Vorstellung für sich ist eine Sternstunde des Kabaretts. Das erahnt man auch an der deutlich gekürzten Fassung des Programms, welches unter dem Titel „Liebe 6“ auf CD verewigt wurde.

Text: Max Schneider

Hagen Rether: Liebe 6 (Wortart – Random House Audio)

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