Liebe Leserin!
Lieber Leser!

In dieser Woche spricht alles vom Autosalon in Paris, von den dort präsentierten neuen Elektrofahrzeugen und von der Tatsache (?), dass sogenannte E-Mobilität nun scheinbar doch endlich in Schwung kommt. Wer etwas auf sich hält und Paris, und wer tut das nicht in der Branche der Autobauer, der hat ein Öko-Fahrzeug dabei für die Ausstellungshallen in Paris. Eines, das in punkto Reichweite, Preis und praktischer Handhabung alles Bisherige in den Schatten stellt. Hört man jedenfalls von allen Experten, die dort sind und vor Begeisterung über die scheinbare Wende in der ökologischen Sinnkrise des Automobilbaus jetzt wahre Purzelbäume schlagen.

Doch es geht scheinbar auch immer noch Anders. Vor allem bei den deutschen Herstellern, die sich zwar damit brüsten auf der (Daten-)Autobahn der digitalen Vernetzung und des rein elektrischen Antriebs jetzt vorneweg zu brausen. Irgendwie beruhigend zu wissen, finde ich, dass sich Mercedes-Benz noch traut, an der Seine ein paar neue AMG-Modelle vorzustellen, die es – im hörbaren Sinne – so richtig „krachen lassen“. Dem bisherigen AMG GT hat man flugs nicht nur einen zusätzlichen Buchstaben, sondern auch (noch) etwas mehr an Leistung verpasst. Jetzt heißt der Donnerbolzen also AMG GT-R und nennt satte 585 PS und 700 Newtonmeter an Drehmoment sein eigen. Auch ein GTC Roadster mit ähnlichen Leistungsdaten wurde angekündigt.

Doch selbst in Frankreich ist der erbitterte Schlagabtausch über die Zukunft des Automobilbaus zwischen den deutschen Herstellern längst nicht beiseite gelegt. Wenn Stuttgart davon spricht, bis zum Jahr 2025 Tesla als führenden Anbieter von Elektro-Automobilen überholen zu wollen, dann begnügt sich Wolfsburg nicht mit kleckern, sondern klotzt ebenfalls. Die Volkswagen-Zentrale lässt durch ihre diversen Kommunikationskanäle jedenfalls verlauten, dass man gedenkt, bis zum Jahr 2025 etwa 30 neue Elektromodelle auf dem Markt einzuführen.

Wenn ich diese Zukunftsvisionen höre und sie dann mit den realen Zahlen der Gegenwart vergleiche, dann frage ich mich nicht nur als Journalist, sondern auch als Endverbraucher, ob da nicht wieder über meinen Kopf hinweg schwadroniert und produziert wird. Denn der Bezug des viel zitierten Kunden König zu einem Fahrzeug mit elektrischer Energie ist immer noch sehr gespalten und das Kaufverhalten – gelinde gesagt – überschaubar. Die Zulassungszahlen in Deutschland lügen in dieser Beziehung nicht: Trotz der mittlerweile eingeführten staatlichen Prämie von 4.000 Euro sind diese sogar rückläufig. Eigentlich ein Schlag ins Gesicht jedweder Bemühungen, vom Verbrennungsmotor abzukommen.

Natürlich können wir und unsere Nachfahren, in der wievielten Generation auch immer, nicht auf unerschöpfliche Reserven an fossiler Energie zurückgreifen. Aber solange für viele Verkehrsteilnehmer ein Auto nicht nur ein Fortbewegungsmittel, sondern auch ein mit Emotionen behafteter Alltagsbegleiter ist, wird man bei der Akzeptanz des E-Mobils auf der Stelle treten. Und die Erfahrung hat uns gelehrt, dass Dinge, die man dem Menschen penetrant „aufschwätzen“ will, weil sie angeblich gut für ihn seien, selten eine große Zukunft hatten.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.

Ihr Jürgen C. Braun

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