Peugeot: 60 Jahre Cabrios von Pininfarina

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Es war die italienische Schule, die Peugeot Cabriolets zu einer weltweiten Erfolgsgeschichte gemacht hat. Vor 60 Jahren feierte das formvollendete 403 Cabriolet als erster Luftikus der Löwenmarke im Pininfarina-Design Premiere. Ein französischer Sonnenkönig im italienischen Sommergewand, der nicht nur in Europa gefeiert wurde, sondern als erster offener Peugeot in Nordamerika für Furore sorgte. Genau dort sollte auch der nächste Pininfarina-Entwurf für Peugeot die Absatzzahlen beflügeln, denn ab 1961 brillierte das 404 Cabrio mit einer Karosserie in Haute Couture. Darunter verbarg sich robuste Großserientechnik. Eigentlich der richtige Mix für eine Erfolgsstory, die aber im Falle des Peugeot 404 nicht zünden wollte.

In den USA fielen die Franzosen wie verglühende Sternschnuppen von einem kurzen kommerziellen Höhenflug und für Europa war der bei Pininfarina gebaute Peugeot schlicht zu teuer. Weshalb das vor 50 Jahren präsentierte Peugeot 204 Cabriolet deutlich preiswerter in der Kompaktklasse startete. Dies gelang im Pininfarina-Sportdress so gut, dass Peugeot die Bauzeit des Luftikus auf besondere Art verlängerte. Lebte doch die Grundform des 204 im folgenden 304 Cabriolet fort. Lifestyle und Luxus für die Besserverdienenden bot dagegen das bezaubernd schöne 504 Cabriolet. Es folgte vor genau 30 Jahren das 205 Cabrio, das zum bezahlbaren Bestseller bei den nach oben offenen Cityflitzern avancierte.

Waren es vor dem Krieg die extravaganten Eclipse-Modelle mit ihren auf Knopfdruck versenkbaren Metallklappdächern, die Peugeot in der automobilen Premiumklasse positionierten, sollten ab Mitte der 1950er Jahre konventionelle Typen mit Textilverdeck Peugeot den gleichen Status sichern. Dafür sollten die Cabriolets der Baureihe 403 in unwiderstehlich schöne Formen gekleidet werden, die Peugeots noch frisches Image als Designermarke festigten. Verantwortlich für die Formenfindung war Henri Thomas, der Schöpfer der legendären Stromlinienform aus Sochaux, die besonders beim Peugeot 402 von 1935 für Furore gesorgt hatte. Als es aber Henri Thomas an Ideen fehlte für einen gleichermaßen genialen Nachkriegsentwurf, wandte sich Unternehmenschef Jean-Pierre Peugeot an Battista Farina, der sich später Pininfarina nannte.

Der Italiener zählte damals zu den jungen Wilden der Formgestalter, die mit unkonventionellen Arbeitsmethoden besonders feine Linien fanden für die neuen selbsttragenden Karosserien im Pontonstil. So vertraute Pininfarina auf präzise modellierte Gipsminiaturen im Maßstab 1:8, deren Formen dann später auf die Serienautos übertragen wurden. Dagegen nutzte Henry Thomas noch gröbere Holzmodelle im Maßstab 1:1. Tatsächlich wurde schon Pininfarinas erste Auftragsarbeit für Peugeot, der 403, ein so großer Erfolg, dass die Franzosen sofort vertraglich eine Fortsetzung der Allianz fixierten.

Besonders das unter Mitwirkung von Henry Thomas entstandene 403 Cabriolet begeisterte, denn die elegante Mittelklasse brachte die Löwenmarke nach einer neutralen amerikanischen Studie im Qualitätsimage auf Augenhöhe mit Mercedes-Benz und sogar Rolls-Royce. Wie robust der offene 43 kW/58 PS leistende 1,5-Liter-Vierzylinder war, demonstrierte in zahllosen Filmen auch sein prominentester Fahrer. Der amerikanische TV-Inspector Columbo nutzte ab Ende der 1960er Jahre ein sichtlich mitgenommenes, aber unzerstörbares 403 Cabrio als Dienstwagen.

Damit erinnerten die TV-Macher an das Amerika-Abenteuer fast aller französischen Autobauer, das von der Politik in Paris diktiert worden war. Diese erzwang Ende der 1950er Jahre den USA-Export, um dringend benötigte Devisen zu erwirtschaften. Bis 1960 mit großem Erfolg, dann konterte Detroit mit eigenen Compacts und die für endlose Highways ungeeigneten kleinen Renault und Citroën bescherten einen Imageschaden, der sich sogar auf die zuverlässigen Peugeot 403 übertrug.

Dennoch startete auch das 1961 lancierte Peugeot 404 Cabriolet, gezeichnet im typischen Pininfarina-Stil, in den USA. Besonders die elegante Heckgestaltung des 2+2-Sitzers erinnerte an Rolls-Royce-, aber auch Fiat-Designs, die ebenfalls aus den Turiner Ateliers stammten. Während die finanzkräftigen Käufer die gelungenen Formen des von einem 1,6-Liter-Vierzylinder angetriebenen Franzosen goutierten, war Peugeot wenig erfreut. Zum einen limitierte der hohe Verkaufspreis den Absatz des nun teilweise bei Pininfarina produzierten Luftikus. Kostete das 404 Cabrio doch nun ähnlich viel wie ein Mercedes SL. Zum anderen akzeptierte Peugeot nicht Pininfarinas Politik, Stilmerkmale für mehrere Marken zu verwenden. Was tun? Als Sofortmaßnahme konkurrierten Pininfarinas Vorschläge künftig mit den Entwürfen von Paul Bouvot, der seit 1960 Designchef bei Peugeot war.

Und schon beim nächsten Projekt, dem 1966 vorgestellten Peugeot 204 trug der Design-Concours Früchte: Der soeben von General de Gaulle mit der Medaille der französischen Ehrenlegion ausgezeichnete Pininfarina vereinte im Korpus von Limousine und Cabrio italienischen Chic mit französischer Raffinesse. Ein Cuvee, mit dem die Cabrio-Version des ersten Frontantriebs-Peugeot die Herzen der Frauen eroberte. Bouvot dagegen verpackte den 1,1-Liter-Vierzylinder in das damals avantgardistisch wirkende Gewand eines dreitürigen Sportkombis und räumte so die wichtigsten europäischen Designpreise ab. An der Verkaufsfront schlugen sich sowohl 204 Cabrio als auch Coupé so gut, dass der 1970 folgende, etwas größere 1,3-Liter-Vierzylinder-Typ 304 ebenfalls als Frischluftversion und Sportkombi lieferbar war. In den Grundzügen übernahm der 48 kW/65 PS starke 304 Duo das Design des zeitgleich eingestellten 204, auch als Cabrio.

Während Pininfarina offiziell betonte, dass die extravaganten Formen der Peugeot 504 Limousine von Designern beider Häuser gemeinsam gefunden wurden, reklamierte die Carrozzeria allen Ruhm für das im italienischen Grugliasco gebaute 504 Cabriolet. Bis 1983 blieb der zeitlos schöne Zweitürer fast unverändert in Produktion. Ein faszinierendes Auto, das Fans in einem Atemzug mit manchem norditalienischen Supersportwagen nannten. Immerhin arbeitete unter der langen Motorhaube optional auch der erste französische Nachkriegs-V6. Allerdings war das 504 Cabrio so teuer, dass nur gut 8.000 Einheiten Käufer fanden.

Die 1980er Jahre waren eine recht freudlose Zeit für Frischluftfanatiker. Zu den wenigen Neuheiten zählte das ab 1986 in Kooperation mit Pininfarina gebaute kleine Peugeot 205 Cabrio. Trotz feststehenden Überrollbügels setzte Peugeot von dem schicken Cityflitzer über 72.000 Einheiten ab, womit ihm ein Podiumsplatz in den europäischen Cabrio-Verkaufscharts sicher war. Noch besser machte es nur das 1994 eingeführte 306 Cabriolet. Dieser finale Peugeot mit Stoffdach erlebte erst im Jahr 2003 seinen letzten Sommer – nach fast 78.000 Zulassungen. Da hatten bereits die Coupé-Cabriolets mit ihren unförmigen Hinterteilen die Herrschaft übernommen und einen Schlussstrich unter die Pininfarina-Ära bei Peugeot gezogen.

Text: Wolfram Nickel/SP-X
Fotos: Peugeot/SP-X

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