Liebe Leserin!
Lieber Leser!

Wann sind Sie eigentlich zum letzten Mal ein Formel-1-Fahrzeug gefahren? Nun, die Frage ist wahrscheinlich genau so ungewöhnlich wie deren Beantwortung mit einem Kurzen: „Ich glaube, das war letzte Woche oder so.“ Formel 1 fahren, das ist halt was für ein paar wenige Auserwählte. Für junge Leute, die entweder von Kindesbeinen an den harten Ausschlussweg durch die Kart-Serien gegangen sind oder bei denen sich leidlich Talent mit einem prall gefüllten Geldbeutel paart.

Der Begriff des „pay-drivers“, also des „Bezahlfahrers“, der sich in ein Team einkauft, ist aber beileibe nicht nur der Formel 1 vorbehalten. So etwas wird schon in weniger klangvollen Wettbewerben praktiziert. In meiner Tätigkeit als Berichterstatter eines Langstreckenwettbewerbs auf dem Nürburgring, zu dem zehn Rennen pro Saison über vier und sechs Stunden gehören, verfüge ich über ein ziemlich gutes Netzwerk bei den Privatfahrern, die einen großen Teil des gesamten Teilnehmerfeldes ausmachen. In der Regel sind da zwischen 150 und 170 Fahrer/innen pro Rennsamstag am Start.

Diese Art, Rennen zu fahren, sollte man eigentlich „Motorsport-Basis“ nennen, aber wenn mir dann ein sogenannter „Alter Hase“, der seit mehr als drei Jahrzehnten die Nürburgring-Nordschleife kennt wie seine Westentasche, sagt: „Wenn einer mit Geld kommt, bin ich raus“, dann frage ich mich, ob da nicht irgendetwas am System falsch ist. Wem es möglich ist, und wer sich als wohl verdienender Geschäftsmann mit einer Tageslizenz den Nervenkitzel eines Langstreckenrennens gönnen möchte, der braucht nur „Hier“ zu rufen.

Die in der Regel recht klammen kleinen Teams in den Boxen sind froh über solche „Zwischendurchkunden“. Das bessert das Budget auf und hilft mal wieder ein bisschen, über die Runden zu kommen. Dafür muss dann einer, der es richtig drauf hat, halt eben mal zu Hause bleiben. Um dann wieder eingreifen zu dürfen oder zu müssen, wenn es gerade keinem „Paydriver“ nach PS-Kick zumute ist.

Am Sonntag dieser Woche gingen in Rio die Olympischen Spiele zu Ende. Ohne Motorsport. Noch zumindest. Aber den olympischen Gedanken des „Dabeisein ist alles“ könnte man auch im Motorsport übernehmen. Nicht nur auf der Rundstrecke, sondern auch auf der Rallyepiste, wo derlei Gehabe ebenfalls nichts Ungewöhnliches ist. Damit wirklich nur diejenigen meine Eingangsfrage korrekt beantworten können, die das Können und nicht (nur) das Geld dazu haben.

„Wann sind Sie eigentlich zum letzten Mal Formel 1 gefahren?“

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.

Ihr Jürgen C. Braun

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