Recht: Regeln auf dem Fahrradweg

Radfahrer sind manchmal unsicher über die Regeln, die im Straßenverkehr für sie gelten: Müssen Radfahrer zum Beispiel immer auf dem Radweg fahren? Darf man einen langsamen Radfahrer von rechts überholen? Ist es Eltern erlaubt, ihr Kind zu begleiten, wenn es auf dem Gehweg radelt? Wir zeigen die wichtigsten Regeln für Fahrradfahrer.

Das Fahrrad gehört zu den beliebtesten Verkehrsmitteln der Deutschen. Zumindest stehen in deutschen Haushalten rund 72 Millionen Fahrräder, darunter zunehmend Fahrräder mit elektronischem Antrieb, sogenannte E-Bikes.

Doch gleich, ob man als Fahrradfahrer mit einem E-Bike oder mit einem „mechanischen“ Fahrrad unterwegs ist – Radfahrer müssen sich an bestimmte Verkehrsregeln halten, damit sie sich und andere Verkehrsteilnehmer nicht gefährden. Deshalb sollten sie die Regeln kennen, die im Straßenverkehr für sie gelten.

Die Straßenverkehrsordnung (StVO) fasst in § 2 das Fahrrad als Fahrzeug und definiert für Radler spezielle Regeln. „Danach dürfen Radfahrer auf der Fahrbahn, also auf der Straße, fahren. Sie müssen sich dort an das Rechtsfahrgebot halten“, erklärt die Berliner Rechtsanwältin Gesine Reisert von der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV).

Von dem Recht, auf der Straße radeln zu dürfen, gibt es aber Ausnahmen. So müssen Fahrradfahrer überall dort, wo blaue Radwegschilder angebracht sind, zwingend den Radweg nutzen. Wer dies nicht tut, riskiert ein Bußgeld. Diese Pflicht kann nur entfallen, wenn der Radweg beispielsweise über eine lange Strecke schadhaft ist.

Unter die benutzungspflichtigen Radwege können Bordsteinwege fallen, aber auch Radfahrstreifen auf Höhe der Fahrbahn, die mit einer weißen Linie von der Fahrbahn abgetrennt sind. Verkehrsschilder, die benutzungspflichtige Radwege anzeigen, sind rund, blau und zeigen ein weißes Rad. Manchmal sind sie zweigeteilt und zeigen ein Rad neben oder unter dem Piktogramm von Personen.

„Gehwege oder Fußgängerzonen, die etwa mit dem Zusatzschild ‚Radfahrer frei‘ markiert sind, stellen Radlern übrigens frei, den Weg oder die Straße zu nutzen“, sagt die Verkehrsrechtsexpertin Gesine Reisert. Wer sich für den frei gegebenen Gehweg entscheide, müsse aber im Schritttempo fahren.

Radfahrer über zehn Jahre dürfen nicht auf dem Gehweg fahren. Tun sie es doch und es kommt etwa zu einem Unfall mit einem Fußgänger, entscheiden Gerichte in den meisten Fällen gegen den Fahrradfahrer und geben diesem die alleinige Schuld an dem Unfall.

Kinder müssen auf dem Gehweg fahren, wenn sie jünger als acht Jahre alt sind. Demgegenüber dürfen Kinder bis zum vollendeten zehnten Geburtstag wählen, ob sie den Gehweg nutzen oder auf der Straße oder dem Radweg fahren wollen.

Die Vorschrift, dass Erwachsene nicht auf dem Gehweg fahren dürfen, schließt auch Eltern ein, wie der Bundesgerichtshof in einem seiner Urteile entschieden hat (AZ: VI ZR 176/86). Diese Rechtsprechung kann Mütter und Väter, die ihre unter acht Jahre alten Kinder auf dem Fahrrad begleiten wollen, allerdings in eine Zwickmühle bringen. Denn Eltern sind auch dazu verpflichtet, ihrer Aufsichtspflicht für ihr Kind gerecht zu werden. Das können sie unter Umständen nicht, wenn sie auf der Fahrbahn radeln, ihr kleines Kind aber auf dem Gehweg.

„Die Frage, ob Eltern vor oder hinter ihrem Kind radeln sollten, ist juristisch nicht definiert“, sagt Rechtsanwältin Reisert. Dies müssten Mütter und Väter je nach Situation und Charakter des Kindes selbst entscheiden. Dabei ist es übrigens erlaubt, das Kind einige Meter voraus fahren zu lassen.

Auf der Fahrbahn gilt für Fahrradfahrer das Rechtsfahrgebot (siehe weiter oben). Dieses gilt in der Regel auch etwa auf Radwegen oder in Fahrradstraßen.

Ein Radfahrer, der einen für die Gegenrichtung gegebenen links der Fahrbahn verlaufenden Radweg benutzt, darf diesen auch über den Punkt hinaus benutzen, an dem in seiner Fahrtrichtung rechts ein weiterer Radweg beginnt. Das gilt aber dann nicht mehr, wenn eine Umleitung auf die andere Straßenseite erfolgt.

„Kommt es nun zu einem Zusammenstoß mit einem anderen Radler und sind die einzelnen Umstände nicht mehr aufzuklären, haftet der entgegenkommende Radler nicht“, so Reisert. Allerdings bewerte die Rechtsprechung jeden Einzelfall und suche immer nach den genauen Umständen, wem welcher Verschuldensgrad anzulasten ist.

„Bei Zusammenstößen mit Kraftfahrzeugen kann die gesamte Haftung auf den Radfahrer entfallen, weil er sich grob fahrlässig verhält“, sagt Reisert. „Dies gilt übrigens erst recht, wenn sich der Radfahrer verbotswidrig auf dem Gehweg befindet.“

Die StVO sieht in § 5 vor, dass man andere Verkehrsteilnehmer nur von links überholen darf, was auch für Fahrradfahrer auf dem Radweg gilt. Bei solchen Manövern sollten Fahrradfahrer aber einen gewissen Abstand zueinander halten. Dieser muss zwar nicht so groß sein wie der zwischen Autos und Radlern, aber er muss das sichere Aneinander-vorbei-Fahren garantieren. Dabei bezeichnete der BGH einen Abstand von 1,40 m zwischen zwei Radlern auf dem Radweg für „verhältnismäßig schmal“ (AZ: VI ZR 131/84).

Ist der Fahrradweg zum Überholen zu schmal, darf man nicht von rechts überholen und der zu Überholende darf nicht auf den Gehweg ausweichen. Notfalls müssen schnelle Radler, die überholen wollen, damit warten, bis der Radweg an einer Stelle breiter wird.

Zwar verbietet die StVO das Klingeln innerhalb von Ortschaften, doch kann das Klingeln beim Überholen auf dem Radweg manchmal hilfreich sein. Zum Beispiel auf schmalen Radwegen oder wenn der vor einem fahrende Radler unaufmerksam ist und mäandert.

Radfahrer müssen nicht unbedingt hintereinander fahren. Sie dürfen nebeneinander fahren, wenn sie den Verkehr damit nicht behindern. In Fahrradstraßen dürfen Radfahrer etwa immer zu zweit nebeneinander fahren.

Innerhalb von Ortschaften dürfen Kraftfahrzeuge 50 Kilometer in der Stunde fahren, wenn es kein besonderes Zeichen für die zulässige Höchstgeschwindigkeit gibt. Dieses Limit gilt zwar nicht für Radfahrer, doch müssen diese mit angepasster Geschwindigkeit fahren. In Fahrradstraßen gilt für Radler ein Tempolimit von 30 km/h.

Radfahrer sind besser durch das Tragen eines Helmes vor Kopfverletzungen geschützt. Ansprüche von Radfahrern, die Kopfverletzungen bei einem Unfall erlitten haben, die durch das Tragen eines Schutzhelms zwar nicht verhindert, wohl aber hätten gemildert werden können, werden bei Unfallereignissen bis zum Jahr 2011 grundsätzlich nicht wegen Mitverschuldens gemindert, wie der Bundesgerichtshof (BGH) am 17.6.2014 entschieden hat (AZ: VI ZR 281/13). „Ob die Rechtsprechung bei nachfolgenden Unfällen ebenso ‚großzügig‘ sein wird, darf aber bezweifelt werden“, sagt Verkehrsrechtsexpertin Reisert.

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