Silvretta 2016: Vom Ziegenpeter, Elektroautos und Oldtimern

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Was macht diese Rallye nur so besonders? Sind es die 190 Oldtimer, die teilweise fast ein Jahrhundert auf dem Buckel haben? Sind es die drei Tagesetappen durch Ziele in Österreich, Liechtenstein und der Schweiz, die besonders die Herzen von Wintersportlern höher schlagen lässt? Oder ist es der sportliche Ehrgeiz bei den Wertungsprüfungen Gleichmäßigkeitsfahrten im Zehntel-Bereich auszufahren? Wahrscheinlich von allem ein bisschen, aber ganz bestimmt ist es der unvergleichliche Charme der pittoresken Bergstrecken, wo man hinter jeder Serpentine den Ziegenpeter, Heidi und eine von ihnen gehütete Herde von Paarhufern begegnen könnte.

Die Silvretta Classic ist zweifelsohne eine der schönsten Oldtimer-Rallyes in Europa. Vom 7. bis 10. Juli fand die diesjährige Ausgabe rund um das Montafon, einem knapp 40 km langen Tal im österreichischen Vorarlberg, statt. Seit 1998 wird hier das als Gleichmäßigkeits-Rallye getarnte Schaulaufen der betagten Automobil-Ikonen statt. Seit nun sieben Jahren wird parallel die Silvretta E-Auto ausgetragen. Auf einer stark verkürzten und geänderten Strecke starten hier modernste Fahrzeuge mit Elektroantrieb bei einer Rallye, die eigentlich für Oldtimer konzipiert ist. Ein bewusster Anachronismus, den die Veranstalter unter dem Slogan „Classic meets future“ bewerben. Auf den zweiten Blick ist dieses Konzept auch gar nicht so abwegig. Viele der Oldtimerfahrzeuge waren zu ihrer Zeit eine technische Revolution und beeinflussten die Branche maßgeblich. Unter diesem Aspekt soll bei der Silvretta E-Auto den Pionieren der neuesten Technologie ein Platz eingeräumt werden. Für die Elektromobile gilt es in zwei Tagen 215 km Wegstrecke zurückzulegen. In der diesjährigen Ausgabe gingen 26 Fahrzeuge an den Start, die meisten davon sind deutsche Fabrikate. Neben BMW, Mercedes Benz und VW wird das Fahrerfeld von Renault, Tesla und Kia komplettiert.

Die neue Technik in allen Ehren, doch das Herz der Zuschauer schlägt eindeutig für die Teilnehmer der Silvretta Classic Rallye. Wenn das liebevoll gepflegte Altblech die Hochalpenstraße erklimmt und dabei seine Ecken und Kanten mit dem lauten Auspuff-Sound eines Ottomotors untermalt, hat ein glattgebügeltes und lautloses E-Auto einfach keine Chance. Die Oldies haben knapp 700 km Strecke zu bewältigen. Die in drei Tagesetappen gefahrene Silvretta Classic ist also in jedem Fall auch eine Zuverlässigkeitsprüfung für das Material. Die gleichmäßigste Fahrt legte in diesem Jahr das Fahrergespann Gianmaria Aghem und Rossella Conti aus Italien mit ihrem Lancia Fulvia HF Coupé von 1970 hin. Mit nur 141 Strafpunkten konnten sie einen mehr als respektablen Abstand zu den zweitplatzierten Schweizern Stefano und Susanna Ginesi aufbauen. Sie kassierten mit ihrem AC Ace Bristol von 1954 548 Strafpunkte ein.

Ob der Abstand von 407 Punkten wohl von einer Begegnung mit dem Geissen-Peter und seiner Herde stammt? Wer weiß …

Text: Max Schneider
Fotos: BMW, Daimler

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