Der Kauf eines Gebrauchten ist letztlich Vertrauenssache. Hält das Auto nicht, was der Händler verspricht, ist der Ärger groß. Oft müssen am Ende die Gerichte entscheiden. Die Rechtslage im Überblick.
Kaum gekauft, schon das erste Mal in der Werkstatt – das kann die Freude am neuen Auto schnell trüben. Und kommt der Schaden wirklich so überraschend? Oder war an dem Wagen womöglich von vornherein etwas faul? Gerade bei der Anschaffung eines Gebrauchten haben viele Angst, übers Ohr gehauen zu werden.
Werden sich Käufer und Händler nicht einig, müssen immer wieder Gerichte entscheiden – wenn es ums Grundsätzliche geht, häufig in letzter Instanz der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe.
Maximal zwölf Monate, entschieden die Richter 2003. Auch für Jahreswagen gilt diese Frist – nicht aber, wenn ein zehn Jahre alter Van vor dem Weiterverkauf gut eineinhalb Jahre stillgelegt war. Solange es keine Standschäden gibt, kann es bei so einem alten Auto sogar von Vorteil sein, wenn es nicht so viel gefahren wurde, hieß es in dem Urteil von 2009.
Was aber, wenn es sich um einen neueren Gebrauchten handelt? Diese Frage haben die BGH-Richter am gestrigen Mittwoch geprüft. Nach dem Urteil der Richter kann eine ungewöhnlich lange Standzeit vor der Erstzulassung bei einem Gebrauchtwagen ein Rückgabegrund sein – aber nur, wenn das Auto noch sehr neu ist. Dabei kommt es immer auf die Umstände im konkreten Fall an. Eine Rolle spielt demnach zum Beispiel, wie viele Vorbesitzer das Auto hat und wie viele Kilometer schon auf dem Tacho sind. Ein Mann, der erst nachträglich erfahren hatte, dass sein rund 35.000 Euro teurer Audi fast 20 Monate vor der Zulassung hergestellt wurde, scheiterte mit seiner Klage.
Das Auto war beim Kauf im Juni 2012 seit zwei Jahren und vier Monaten zugelassen und hatte knapp 40.000 Kilometer als Mietwagen zurückgelegt. Angesichts dieser Nutzung werteten die Richter die lange Standzeit zu Beginn nicht mehr als Mangel (AZ: VIII ZR 191/15).
Beim Thema Gebrauchtwagenkauf zeigt sich, dass kaum ein Fall wie der andere ist. Im Zweifel geht es um eine Menge Geld. Denn seit 2002 haftet der Händler mindestens ein Jahr lang, wenn er einen mangelhaften Gebrauchtwagen an einen Privatkunden verkauft. Dabei ist zum Beispiel ein kratzendes Scheibenwischerblatt sicherlich aber noch kein Mangel, das fällt unter normalen Verschleiß. Oft lässt sich allerdings kaum noch klären, ob etwa eine Wasserpumpe, die nach Monaten den Geist aufgibt, von Anfang an einen Mangel hatte. Der Gesetzgeber hat dieses Problem pauschal gelöst: Im ersten halben Jahr muss der Händler seine Unschuld beweisen – passiert später etwas, ist der Kunde in der Pflicht.
Streit entzündet sich oft auch an der Frage, ob der Mangel behoben werden kann. Denn bevor ein Käufer zum Rücktritt berechtigt ist, darf der Händler erst zwei Mal nachbessern.
Einige Streitfälle hat der BGH schon rechtskräftig entschieden:
– So durfte ein Händler ein vier Jahre altes Mercedes-Cabrio neu lackieren, das Unbekannte vor der Abholung zerkratzt hatten. Solange nicht ausdrücklich vereinbart, gibt es bei einem Gebrauchten keinen Anspruch auf den Originallack, entschieden die Richter 2009.
– Einen gebrauchten Range Rover, in den trotz mehrerer Reparaturversuche immer wieder Wasser eindrang, wurde der Käufer 2008 hingegen wieder los. Beim Rücktritt blieb es – obwohl es im Prozess dann doch noch einem Sachverständigen gelang, das Auto abzudichten.
– Auch ein Blechschaden, der nachträglich bekannt wird, berechtigt zum Rücktritt. Denn der Käufer darf darauf vertrauen, dass er keinen „Unfallwagen“ kauft. Das lässt sich auch nicht wiedergutmachen. So konnte eine Frau nach einem Urteil von 2007 ihren Ford zurückgeben, obwohl der Händler anbot, die Reparatur fachgerecht nachzubessern.
– Als Mangel zählt auch, wenn der Gebrauchte trotz Zusage keine Hersteller-Garantie mehr hat – so passiert dem neuen Besitzer eines Sportcoupés, der unerwartet auf Reparaturkosten sitzenblieb. Keine Lappalie, entschied der BGH Mitte Juni. Die Garantie habe „beim Autokauf regelmäßig sogar ein erhebliches wirtschaftliches Gewicht“.
– Verkauft ein Händler stillschweigend ein Auto mit abgefahrenen Reifen, muss er bei einem Unfall geradestehen. Ein Ferrari mit Totalschaden musste nach einem Urteil von 2004 ersetzt werden. Auf der Autobahn war der in die Jahre gekommene Hinterreifen geplatzt.
– Gute Chancen hat ein Käufer auch, wenn der Händler frühere Stationen des Autos verschweigt. Der BGH sprach 2009 einem Mann mehrere Tausend Euro zu, der einen zehn Jahre alten Audi mit offiziell zwei Vorbesitzern gekauft hatte. Später stellte sich heraus, dass der Kilometerstand manipuliert war und der Wagen über einen Zwischenhändler kam, der dem Verkäufer nur als „Ali“ bekannt war.
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