Liebe Leserin!
Lieber Leser!

Erinnern Sie sich noch an den Aufschrei der Entrüstung, der quer durch das ganze Land ging, als 2014 der sogenannte „ADAC-Skandal“ aufgedeckt wurde? Schummeleien bei der Teilnehmerzahl und bei der Rangfolge der beliebten Auszeichnung „Gelber Engel“ des mit 19 Millionen Mitgliedern „fett und feist“ die Szene herrschenden Klubs. Dessen Strukturen kamen danach sehr ins Gerede. Keiner wusste mehr, wo die Gemeinnützigkeit aufhörte, die(Schein) Bilanzen anfingen. Wer wo, wann, warum, was zu sagen hatte und wem man überhaupt noch trauen konnte. Die sprichwörtlichen „Ersthelfer“ des Klubs, die viele von uns schon als herbeigesehnte Retter in der Not erleben durften, standen auf einmal völlig schuldlos da für unsaubere Machenschaften.

Doch wie das so ist: Die Zeit ist schnelllebig, viele Schlagzeilen oft traurigster Natur sorgten dafür, dass schneller Gras über das ganze Ausmaß der Tricksereien und undurchsichtigen Geschäftspraktiken wuchs, als sich das mancher damals vorgestellt hatte. Irgendwann war er dann raus aus unseren Köpfen, der sogenannte ADAC-Skandal. Und Pannenhelfer waren auch auf einmal nicht mehr die Mitgliedseintreiber des großen Wirtschaftsimperiums, sondern wieder richtige Retter in der Not. Menschen, deren Arbeit vor Ort wir (wieder) zu schätzen wussten.

In dieser Woche kam der Autoclub wieder in die Schlagzeilen. Doch dieses Mal waren sie anderer Natur als damals vor zwei Jahren. Die 221 Stimmberechtigten der ADAC Hauptversammlung stimmten nämlich in Lübeck der strategischen Neuausrichtung des Clubs zu. Was bedeutet die in diesem Zusammenhang kommunizierte „Drei-Säulen-Struktur“ aber eigentlich?

Mit diesem Modell soll der Vereinsstatus des ADAC dauerhaft gesichert werden. In dem auch weiterhin als Idealverein organisierten ADAC e. V. werden zentrale Mitgliederleistungen wie z. B. Pannenhilfe, Verbraucherschutz, Motorsport, Touristik, Juristische Zentrale (Mitgliederberatung), Verkehr und die Clubzeitschrift „ADAC Motorwelt“ zusammengefasst. Die kommerziellen Aktivitäten werden in einer eigenständigen, deutlich vom Verein getrennten Aktiengesellschaft (ADAC SE) zusammengefasst. Und eine noch neu zu gründende ADAC Stiftung tritt als dritte Säule neben den Verein und die Aktiengesellschaft auf. In dieser Stiftung sollen alle gemeinnützigen Aktivitäten des ADAC gebündelt werden. Zweck dieser Stiftung sind hehre Ziele wie die „Förderung der Rettung aus Lebensgefahr, der Unfallverhütung, der Wissenschaft und Forschung, der Bildung sowie der Mildtätigkeit.“ Soweit das Zitat und die Absichtserklärungen.

Was letztendlich daraus wird, muss jetzt einfach einmal abgewartet werden. Ich habe, um ehrlich zu sein, angesichts des ganzen undurchsichtigen Wasserkopfes an Verwaltung und Vernetzung in diesem Moloch von Verein mit seinem Milliarden-Vermögen eigentlich immer noch kein astreines Gefühl. Aber: Hoffen wir einmal, dass es sich jetzt zum Besseren wendet, dass die ganze heuchlerische Scheinmoral um gefälschte Auszeichnungen, um Unternehmensstrukturen und verachtenswerte Menschenführung irgendwann ein Ende hat. Und dass der ADAC dann (wieder) das wird, was er bei seiner Gründung vor mehr als 100 Jahren einmal sein sollte.

Ein Zusammenschluss von und für Menschen, die Hilfe in Notfällen benötigen und die ein gutes Gefühl haben, wenn sie ihren Mitgliedsauswies in die Hand nehmen. Und die sich nicht mehr dafür rechtfertigen müssen, dass sie dem ADAC überhaupt noch angehören.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Pfingstwochenende.

Ihr Jürgen C. Braun

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