Spannung vor der Le-Mans-Generalprobe in den Ardennen

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Fahrer lieben ihre Kurven, Fans begeistert die Atmosphäre, Ingenieure verzweifeln an ihrem Streckenprofil: Auf der Rennstrecke von Spa-Francorchamps (BE) geht am Samstag, dem 7. Mai, die FIA Langstrecken-Weltmeisterschaft WEC in ihre zweite von neun Runden. Das Sechsstundenrennen auf der spektakulären Naturrennstrecke gilt gemeinhin als Generalprobe für die 24 Stunden von Le Mans (18./19. Juni). Denn auch auf dem belgischen Kurs mit den langen Volllastpassagen wird mit wenig Abtrieb gefahren. Die aerodynamische Auslegung der Fahrzeuge spielt eine entscheidende Rolle und ist ein Zwitter zwischen den Auslegungen für Silverstone (hoher Anpressdruck) und Le Mans (minimaler Luftwiderstand).

Kurzer Rückblick: Beim Saisonauftakt in Silverstone hatte sich gezeigt, dass die Le-Mans-Prototypen der Klasse 1, zu denen der Porsche 919 Hybrid gehört, trotz acht Prozent weniger Kraftstoff pro Runde keineswegs langsamer geworden sind. Die schnellste Rennrunde (Neel Jani, 1.40,303 Minuten) lag gut eine halbe Sekunde unter der Bestmarke des Vorjahres (Audi, 1.40,836 Minuten) und sogar knapp zwei Sekunden unter der besten Porsche-Rundenzeit von 2015 (1.42,245 Minuten).

Das Porsche-Trio Romain Dumas (FR), Neel Jani (CH) und Marc Lieb (DE) reist als Tabellenführer in der Fahrer-Weltmeisterschaft nach Spa und will diese Position mindestens verteidigen, lieber noch ausbauen. Der Schwester-Porsche mit den amtierenden Weltmeistern Timo Bernhard (DE), Brendon Hartley (NZ) und Mark Webber (AU) war in England mit 45 Sekunden Vorsprung in Führung liegend durch einen Unfall ausgeschieden und will nun dringend aufholen.

„Beide Autos waren siegfähig“, sagt Fritz Enzinger, Leiter LMP1, „aber bei beiden gab es Zwischenfälle auf der Strecke. In Spa wollen wir wieder ein so gutes Paket an den Start bringen. Dabei stellt der Kurs andere Ansprüche, wodurch sich die Konkurrenzsituation im Feld verschieben kann. Wir müssen das Potenzial des 919 Hybrid ausschöpfen, beide Autos ins Ziel bringen und möglichst viele Punkte mitnehmen.“

Teamchef Andreas Seidl erklärt: „Die Fahrzeugauslegung für die gut sieben Kilometer lange Berg- und Talbahn in Spa ist immer ein Abwägen zwischen ausreichend Anpressdruck in den schnellen Kurven und geringem Luftwiderstand auf den langen Vollgasabschnitten. Bei unserem Dauertest im spanischen Aragon haben wir vergangene Woche erstmals die Aerodynamik für Le Mans ausprobiert und werden nun in Spa Komponenten davon einsetzen. Hinsichtlich Zuverlässigkeit und Mannschaftstraining verlief der 30-Stunden-Test positiv, sodass wir uns auch für den zweiten WM-Lauf gerüstet fühlen.“

„Ich habe ein gutes Gefühl, auch weil unser Test in Spa im März sehr gute Ergebnisse brachte“, sagte Timo. „Die Strecke ist toll. Die berühmteste Stelle ist natürlich Eau Rouge. Wenn man in diese Senke reinsticht, spürt man die Kompression und die Kurve baut sich wie eine Wand vor einem auf. Das ist Adrenalin pur auf jeder Runde. Fahrtechnisch mag ich den Mittelsektor ganz besonders. Dort muss man die Kurvenkombinationen richtig lesen, um das Auto optimal zu positionieren.“

Zahlen und Fakten:

– Das zweite Sechsstundenrennen der WEC startet am 7. Mai um 14:30 Uhr.

– Der TV-Sender Eurosport überträgt am Renntag von 19:00 – 20:45 Uhr live.

– Das Live-Bild über die kompletten sechs Stunden inklusive Zeitnahme und zusätzlichen Informationen kann auch über die kostenpflichtige FIA WEC-App empfangen werden.

– Die anspruchsvolle Rennstrecke von Spa-Francorchamps (Spitzname „Ardennen-Achterbahn“) ist mit 7,004 Kilometern relativ lang, und die Volllastpassagen sind beträchtlich. Lange Bergauf-Abschnitte verlangen den Hybridantrieben alles ab, die Senke Eau Rouge flößt jedem Rennfahrer Ehrfurcht ein. Aufgrund der Streckenlänge kann es, wie in Le Mans, auch in Spa in einigen Streckenabschnitten regnen, während andere trocken bleiben.

– 2015 war es sowohl im Qualifying als auch im Rennen trocken. Die Sieger legten 176 Runden zurück.

– Im Qualifying der WEC zählt die Durchschnittszeit der jeweils schnellsten Runden von zwei Fahrern für die Startposition. 2015 starteten drei Porsche 919 Hybrid von den ersten drei Plätze. Die Poleposition holten Bernhard/Hartley mit einer Durchschnittszeit von 1.54,767 Minuten.

– Im Vorjahresrennen kamen Dumas/Jani/Lieb als Zweite ins Ziel. Bernhard/Hartley/Webber wurden durch eine Zeitstrafe und einen Defekt zurückgeworfen und belegten Platz drei. Die schnellste Rennrunde ging an Brendon Hartley (1.57,972 Minuten).

– Nach einem von neun WM-Läufen 2016 führen Dumas/Jani/Lieb mit 25 Punkten in der Fahrerwertung. Bernhard/Hartley/Webber sind noch ohne Punkte. Im Klassement der Hersteller rangiert Porsche mit 25 Zählern auf Rang zwei hinter Toyota, dem einzigen Hersteller in der Topkategorie LMP1, der in Silverstone beide Autos ins Ziel brachte.

– Der Porsche 919 Hybrid nutzt für eine 7,004 Kilometer lange Runde in Spa 6,37 Megajoule Energie aus Rückgewinnungssystemen und 71,2 Megajoule aus Kraftstoff – das entspricht 1,79 Kilogramm oder 2,47 Liter Benzin.

– Betankung und Reifenwechsel dürfen in der WEC nur nacheinander durchgeführt werden. Beim Radwechsel dürfen nur zwei Mechaniker gleichzeitig arbeiten. Das dauert also viel länger als beispielsweise in der Formel 1.

– Ein Fahrerwechsel wird normalerweise nur vorgenommen, wenn auch neue Reifen gebraucht werden.

– Der Porsche 919 Hybrid hat eine Systemleistung von gut 900 PS. Knapp 500 PS leistet der Zweiliter-Vierzylinder-Turbo-Benziner, mehr als 400 PS steuert der von zwei Energierückgewinnungssystemen gespeiste E-Motor bei.

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