Recht: Halteverbotsschild nicht gesehen – Zahlungspflicht?

„Ich habe das Schild nicht gesehen“: Damit reden sich viele Autofahrer heraus, wenn sie ein Knöllchen bekommen oder ihr Auto abgeschleppt wird. Denn es gilt: Halteverbots- und Parkverbotszeichen müssen so aufgestellt sein, dass Autofahrer sie mit einem raschen und beiläufigen Blick erfassen können. Das Bundesverwaltungsgericht hat am 6. April die Rechte von Autofahrern bezüglich des sogenannten Sichtbarkeitsgrundsatzes betont (AZ: BVerwG 3 C 10.15).

Sie sind auf der Suche nach einem Parkplatz, halten die Augen nach Parklücken und Halteverbotsschildern Ausschau und stellen Ihr Auto an einem scheinbar geeigneten Parkplatz ab. Als Sie zurückkommen, sind Sie geschockt: Ihr Auto wurde abgeschleppt. Sie haben ein Halteverbotsschild übersehen. Muss man auch in diesem Fall immer zahlen?

Grundsätzlich gelten Verkehrsschilder für den ruhenden Verkehr auch dann, wenn Autofahrer sie nicht wahrnehmen. „Stellt ein Autofahrer sein Auto ab, muss er in der sogenannten Nachschau das betreffende Stück der Straße abschreiten und sich vergewissern, dass er nicht doch ein Haltverbotsschild übersehen hat“, erklärt Rechtsanwalt Christian Janeczek von der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Das gelte allerdings nur, wenn ein Anlass zu der Vermutung bestehe, dass die Autofahrer ein Verkehrszeichen übersehen haben könnten.

Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn man auf den Weg zum Abstellplatz des Autos Schilder von der Rückseite sieht, oder wenn in einer sonst zugeparkten Straße kein einziges Auto steht. Ist weder ein solcher Anlass, noch ein Verkehrszeichen erkennbar, könne der Autofahrer sein Auto in der Regel an Ort und Stelle abstellen.

Im zugrundeliegenden Fall hatte ein Autofahrer ein Halteverbotsschild nicht gesehen und sein Auto im betreffenden Straßenabschnitt geparkt. Es wurde abgeschleppt. Gegen den Gebührenbescheid klagte er. Der Kläger sagte aus, die Schilder seien in zu niedriger Höhe angebracht, teilweise zugeparkt und bei den schlechten Beleuchtungsverhältnissen nicht sichtbar gewesen.

Nachdem der Kläger in allen Instanzen verloren hatte, verwies das Bundesverwaltungsgericht den Fall zur erneuten Prüfung an das Oberlandesgericht Berlin-Brandenburg zurück. „Das endgültige Urteil steht zwar noch aus – grundsätzlich weist das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aber in eine verbraucherfreundliche Richtung“, sagt Rechtsanwalt Janeczek. Wie der Sichtbarkeitsgrundsatz auszulegen sei, komme letztlich aber immer auf den Einzelfall an.

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