Jaguar: Wiedergeburt des XKSS

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Weiß lackiert und mit rotem Interieur stand der Jaguar XKSS 1958 vor einem Filmstudio am Sunset Boulevard. Steve McQueen sah ihn, erbat sich das Ok seiner Frau und wurde für rund 5.000 US-Dollar der dritte Besitzer des britischen Supersportwagens. Allerdings gefielen dem Schauspieler die Farben nicht, er ließ den Jaguar kurzerhand in Britsh Racing Green anmalen, baute eine schwarze Inneneinrichtung ein und nannte ihn fortan liebevoll „Green Rat“. 1969 verkaufte McQueen den Jaguar an den Kasino-Mogul William F. Harrah in Las Vegas – um ihn vor lauter Sehnsucht acht Jahre später für 10.000 Dollar wieder zurückzukaufen. Heute steht die Grüne Ratte im Petersen Museum in Los Angeles, einem der größten Schauplätze historischer Fahrzeuge – und ist schätzungsweise 30 Millionen Dollar wert.

Auch ohne prominenten Vorbesitzer muss man für ein 1a-Modell mehrere Millionen Dollar bereithalten, vorausgesetzt, man findet überhaupt jemals eins. Denn Jaguar hat den XKSS lediglich in einer Kleinserie gefertigt, die eigentlich nur die übrigen zwei Dutzend Karosserien des D-Types aufbrauchen sollte, der 1957 sein letztes Rennen fuhr. Aus dem legendären Le-Mans-Siegerauto entstanden im Werk Browns Lane Straßensportler für den US-amerikanischen Markt, ohne die markante Heckflosse, dafür aber mit Beifahrertür, Chromstoßstangen, einer höheren Windschutzscheibe und einem leichten Stoffdach. Geblieben sind die elegant geschwungene Seitenline, die weit aufgerissenen Kulleraugen-Scheinwerfer und der ovale Schmollmund-Kühlergrill.

Die geplanten 25 XKSS sollten allerdings nie fertig werden: Neun noch nicht vollends umgebaute Fahrzeuge fielen am 12. Februar 1957 einem Brand zum Opfer – ein Verlust, der bis heute nicht wettgemacht ist. Das allerdings wird sich nun ändern. Am Vorabend der New York Auto Show, wo der „erste Supersportler der Geschichte“ genau sechs Jahrzehnte zuvor sein Debüt gab, verkündete der Autobauer, dass er die verbliebenen XKSS nachbauen und die Lücke endlich füllen will. Natürlich aber macht ein modernes Unternehmen das nicht nur aus historischem Interesse: Verkauft werden die wenigen Exemplare an ausgesuchte Jaguarkunden, die für den nigelnagelneuen Oldtimer einen Schnäppchenpreis von nur einer Million Pfund bezahlen sollen; fünf davon sind übrigens schon vergeben.

Die Geschichte kommt einem irgendwie bekannt vor. Richtig, mit dem E-Type Lightweight hat es Jaguar genauso gemacht. In den 60er-Jahren blieben sechs geplante Fahrzeuge ungebaut, deren bereits zugeteilte Fahrgestellnummern vor ein paar Jahren aufgetaucht sind. Der Hersteller nahm sich derer an und hat die fehlenden Exemplare mit viel Liebe zum Detail und State-of-the-Art-Technik nachgebaut. Genau so soll es nun beim XKSS geschehen.

Tim Hannig, Jaguars Klassik-Direktor, verspricht, dass „jedes der neun Fahrzeuge absolut identisch ist und die höchsten Fertigungsstandards erfüllt.“ Wie schon beim E-Type, helfen historische Pläne und moderne 3D-Scanner den Ingenieuren dabei, die rund 900 Kilogramm schweren Fahrzeuge originalgetreu wieder aufzubauen – inklusive des rund 240 PS starken 3,4-Liter-Reihensechszylinders, der damals schon für 230 km/h Vmax sorgte. Wie beim E-Type Lightweight dürften auch hier neue Motoren mit den ursprünglichen Spezifikationen zum Einsatz kommen. Anfang 2017 sollen die ersten XKSS ihren neuen Besitzern übergeben werden – und wahrscheinlich verschwinden sie gleich da, wo ihre zwölf heute noch verbliebenen Originalartgenossen ihr Dasein fristen: In fest verschlossenen Garagen.

Text: Spot Press Services/Michael Gebhardt
Fotos: Jaguar/SP-X

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