Liebe Leserin!
Lieber Leser!

Wenn Sie mal nicht mit dem eigenen Fahrzeug irgendwo hin kommen können oder wollen, dann gibt es eigentlich in der Regel nur zwei Möglichkeiten, an ihr Ziel in näherer Umgebung zu gelangen: Entweder – wenn Sie nicht zu Fuß gehen oder das Fahrrad nutzen wollen – Sie steigen auf Busse und Bahnen um oder Sie bestellen sich ein Taxi. Je nachdem, ob Sie das in größeren Städten oder auf dem flachen Land machen, sind die Tarife in der Regel recht unterschiedlich.

Beim Stichwort Taxi fällt mir dann direkt jene Geschichte eines Wolfsburger Fußball-Nationalspielers ein, der in der vergangenen Woche in einem Taxi 75.000 (!) Euro hatte liegen lassen. Einfach so. Wie man vielleicht mal eine Zeitung, ein paar Handschuhe, oder von mir aus auch eine Einkaufstüte liegen lässt.

Wobei sich meines Erachtens zweierlei Fragen ergeben. Warum schleppt ein Mann – ungeachtet seines scheinbar immens hohen Einkommens – 75.000 Euro in bar mit sich herum? Und zweitens: Ist diese Höhe nicht Grund genug, auf eine Summe acht zu geben, für die andere Zeitgenossen unter Umständen ein paar Jährchen arbeiten gehen müssen? Leute, die sich vielleicht eine Stehplatzkarte fürs Stadion am Mund absparen müssen, damit sie dem jungen Millionario beim Kicken zusehen und ihn auch noch anfeuern können.

Es ist noch gar nicht so lange her, da hat sich ganz Deutschland über einen seiner Berufskollegen echauffiert, der ohne gültigen Führerschein mit einer PS-starken Protzlimousine durch die Lande gefahren ist und für dieses Delikt dann eine runde halbe Million Euro (!) an Strafe hat zahlen müssen. Ich denke, auch denjenigen unter Ihnen, die sich vielleicht nicht so sehr für „König Fußball“ interessieren, wird diese Geschichte noch in Erinnerung sein.

Liebe Leserinnen und Leser, mitunter frage ich mich, ob wir nicht in einer Zeit leben, in der die Vergütungen zwischen Ertrag und Aufwand, zwischen Leistung und Gegenleistung in einem völlig inakzeptablen Missverhältnis zueinander stehen. Hier lässt ein junger Mensch von Mitte Zwanzig mal ebenso 75.000 Euro irgendwann am frühen Morgen in einem Taxi liegen und bemerkt es erst später. Dort bezahlt ein anderer eine runde halbe Million, weil er sich eines Vergehens schuldig gemacht hat, das mitnichten ein Kavaliersdelikt ist. Mit dem Ergebnis, dass er diese Summe in keiner Weise irgendwo spürt, dass er sich nicht einschränken, auf nichts verzichten muss.

Ich weiß, auch ich werde das Rad der Zeit nicht zurückdrehen können und so lange Sponsoren, gelangweilte Scheichs und Ölmilliardäre in ihr Hobby Fußball Unsummen rein pumpen, werden selbst durchschnittlich begabte Ball(ver)treter mit Summen bedacht, die bar jeder Rechtfertigung sind. Es wird wohl in Zukunft eher noch höhere Apanagen geben als bisher, wenn man sieht, wie die finanziellen Rahmenbedingungen auf der britischen Insel im Fußballbusiness explodieren.

Den bissigsten Kommentar zu dem Fall des jungen Mannes, der 75.000 Euro im Taxi vergessen hat, lieferte ein Kollege von mir. Er meinte nur: „Was einen so auf die Palme treibt, ist die Höhe der Summe. 75.000 Euro! Unvorstellbar. Okay, wenn es nur 50.000 gewesen wären, das hätte man ja vielleicht noch verstehen können.“

Noch Fragen?

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.

Ihr Jürgen C. Braun

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