Recht: Unfall – kein Mitverschulden bei Schreckreaktion

Die Frage, wer wie viel Schuld an einem Unfall hat, beschäftigt immer wieder die Gerichte. Dabei kommt es oft zu Quotelungen, die Beteiligten haften also anteilig. Auch die Gefährdungshaftung kann eine Rolle spielen. Was ist aber, wenn ein Fußgänger sich erschrickt und deswegen auf die Fahrbahn tritt?

Bei einer reinen Schreckreaktion trifft ihn kein Verschulden. Das gilt auch dann, wenn die Reaktion nicht notwendig war, weil keine Gefahr vorlag. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 7. Januar 2015 (AZ: 9 U 9/14).

Die Frau lief am linken Fahrbahnrand einer Straße zu einer Bushaltestelle. Die Straße hat keine Gehwege. In dem Moment, als ihr ein Auto mit sehr geringer Geschwindigkeit entgegenkam, sprang in Höhe eines Grundstückes plötzlich ein Hund bellend gegen den Maschendrahtzaun. Die Fußgängerin erschrak so, dass sie zur Seite auf die Fahrbahn trat. Dabei geriet sie gegen den rechten Außenspiegel des Fahrzeugs. Sie stürzte und verletzte sich.

Das Landgericht sah die alleinige Schuld bei dem Autofahrer. Dieser wandte sich mit einer Berufung dagegen.

Das Gericht bestätigte die Entscheidung der ersten Instanz. Die Fußgängerin habe keine Schuld. Sie habe den Unfall zwar mit verursacht. Grundsätzlich dürften Fußgänger beim Herannahen eines Fahrzeugs keinen Schritt zur Seite in die Richtung des Fahrzeugs machen. Allerdings liege hier aufgrund einer Schreckreaktion ein Reflex vor.

Der Sprung des Hundes und sein Bellen seien nicht vorhersehbar und im Moment eine „plötzliche nicht vollständig beherrschbare Gefahrensituation“ gewesen. Für das Gericht gehört zum Wesen eines Menschen, im ersten Moment nicht ohne weiteres unterscheiden zu können, ob der Hund vom Zaun zurückgehalten werde oder ob es zu einem „echten Angriff mit Bissverletzungen komme. Die Frau treffe daher kein Mitverschulden.

Copyright: Verkehrsrechts-Anwälte im Deutschen Anwaltverein

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