Oldtimer-Auktion in Kalifornien: Die Überflieger

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Es gibt Fahrzeuge, die brauchen keinen Trommelwirbel für ihren großen Auftritt, sie sorgen selbst dafür: Als der Ferrari 250 LM von 1964 auf die Bühne der RM Sotheby's Auktion im kalifornischen Monterey rollt, stimmt der V12-Mittelmotor ein Gebrüll an, das auch dem ganz hinten sitzenden der mehreren hundert Zuschauer im Saal klar ist – hier kommt ein Überflieger. Wenige Minuten später werden zwei Bieter im Gefecht den Preis hochschaukeln. Hohe Preise erzielen aber längst nicht mehr nur die alten Klassiker, das zeigt ein erst drei Jahre alter Bugatti Veyron, der seinen Wert in Monterey um ein Drittel steigert.

Im August treffen sich auf der Monterey-Halbinsel in Kalifornien die Schönen und Reichen der Oldtimer-Fangemeinde. Sie bringen ihre wertvollen, oft für hunderttausende Dollar restaurierten Pretiosen mit. Ein Großteil der auf dem Golfplatz-Grün ausgestellten Klassiker sind rund 80 Jahre oder älter, aber auch diverse Luxuskarossen aus den 50er- und 60er-Jahren sind dabei. Rund um das Wochenende der oldtimerverrückten High-Society wechseln zudem hunderte Autos den Besitzer. Sie kommen bei den diversen Auktionen unter den Hammer, insgesamt werden Klassiker im Wert von mehreren hundert Millionen Dollar verkauft.

Einer davon ist der oben genannte Ferrari 250 LM, eines von nur 23 gebauten Exemplaren, das bei der Sammlungsauflösung „Pinnacle Portfolio“ unter den Hammer kommt. Acht Millionen Dollar Startpreis ruft der Auktionator für den Sportler auf, die Hände schnellen hoch und innerhalb von einer Minute zeigen die großen Leinwände den Betrag von 12 Millionen an. „Die Sammler haben sich derzeit auf Ferrari eingeschossen“, meint Frank Wilke, Geschäftsführer des Marktbeobachters Classic-Analytics. Insbesondere die enge Verquickung von Straßen- und Rennsporttauglichkeit bis Mitte der 60er Jahre sei faszinierend, „das hat es davor und danach nicht gegeben.“

Die Rennhistorie des Italieners hat der geneigte Bieter im Katalog nach- oder bei der Vorbesichtigung abgelesen: Wo anders als in einem Rennwagen blickt man im Innern auf blankes Blech, Kabel, Schläuche und verschlissene, kaum gepolsterte Sitzmöbel. Bei 14 Millionen kommt das Überbieten leicht ins Stocken, es hat jemand gewagt, 14,1 zu bieten. „An diesem Punkt sollten wir mit 250.000er-Schritten weiter machen“, tönt der Bariton des Auktionators mahnend und warnt: „You will miss the car.“ Plötzlich geht es Schlag auf Schlag, 14,75 Millionen, 15. Ein erneutes „last chance“, dann 15,5 Millionen, sofort folgt das Gegengebot, 15,75. Es wird ruhiger im Saal. Schaukeln sich hier zwei Fans gegenseitig auf? Im vergangenen Jahr wurde auf einer der Auktionen rund um Pebble Beach mit dem Ferrari 250 GTO der teuerste jemals verkaufte Oldtimer für 38,1 Millionen Dollar versteigert.

Die Anlageform Oldtimer liegt im Trend, weiß Oliver Grimme, der sich als Spezialist Classic Cars bei der Hypo-Vereinsbank im Private Banking um diese Investments kümmert. „Es gibt drei Hauptthemen: Zum einen die weiter anhaltenden Niedrigzinsphase. Es ist viel Geld unterwegs, das Anlage im Sachwertebereich sucht.“ In gut strukturierten Kundenportfolien könne diese Form des Investments der Diversifizierung dienen – dazu kommt die „emotionale“ Rendite. „Zum anderen die Erbengeneration, die oft selbst gut verdient und das zusätzliche Geld aus dem Erbe investieren möchte. Hinzu kommt, dass die Top-Zuschläge, die auf manchen Auktionen für Oldtimer erzielt werden, den Preis treiben und die Aufmerksamkeit auf diesen Markt treiben.“ Eine Art selbsterfüllende Prophezeiung, sozusagen.

Für den Ferrari fällt bei 16 Millionen der Hammer, inklusive Verkaufsprovision sind es schließlich 17,6 Mio brutto, für den 250 LM ein Rekordwert. „Die teuersten Fahrzeuge sind immer die Rennwagen, da konnten sich die Hersteller austoben“, so Marktbeobachter Wilke. Kein Wunder also, dass auch der rennstreckentaugliche McLaren F1 LM-Specification (LM steht für das Langstrecken-Rennen in Les Mans), Baujahr 1998, für den Fabelpreis von 13,75 Millionen brutto verkauft wurde – ebenfalls Auktionsrekord für das Modell.

Denn ein Klassiker zu sein, bedeutet längst nicht mehr, ein gewisses Alter erreicht zu haben. Auch dafür ist ein Verkauf in Monterey beispielhaft: Den erst drei Jahre alten Bugatti Veyron Super Sport mit der Chassisnummer 300 ersteigerte ein Bieter für 2,3 Millionen Euro, gut ein Drittel über dem Neupreis. „Diese Fahrzeuge sind Sammlerfahrzeuge, das zeichnete sich in den letzten Jahren ab und das hat sich nun bestätigt“, so Annette Abaci vom Auktionshaus RM Sotheby's. „Es gibt einen Trend, dass modere Fahrzeuge von Enthusiasten und Sammlern gekauft werden“, bestätigt sie.

Nur 48-mal wurde der Veyron Super Sport mit 1.200 PS gebaut, er stellte 2010 den Geschwindigkeits-Weltrekord mit 431 km/h auf. Besonders erstaunlich im Hinblick auf die Wertsteigerung: Bis vor kurzem konnte man ihn noch als Neuwagen erwerben. Erst im Februar wurden die letzten Exemplare der Baureihe verkauft, bis dahin war die Cabrio Version („Vitesse“) noch erhältlich. „Seitdem der Veyron ausverkauft ist, beobachten wir eine Wertsteigerung“, so Julius Kruta, Leiter der Bugatti-Traditionsabteilung.

Wurden die 60er-Jahre Supersportwagen noch regelmäßig auf Straße und Rennstrecke hart rangenommen, sind viele heutige Pretiosen keine Fahrzeuge im Wortsinn mehr, also um von A nach B zu kommen. „Jeder moderne Supersportwagen wird nicht in erster Linie als Gebrauchsfahrzeug gekauft, sondern geht oft direkt in eine Sammlung“, so Kruta. „Möglichst guter Zustand, möglichst wenig Eigentümer und möglichst wenige Kilometer“ sind laut Annette Abaci von RM Sotheby's unabdingbar für ein Fahrzeug, das im Wert steigen soll.

Autofan Dan, der bei dieser Auktion nicht zum Zuge gekommen ist, hat damit ein echtes Problem. „Mir macht es Spaß, die Autos zu fahren“, sagt er. Einen Supersportwagen würde er nur kurz behalten und fahren, sonst bekäme er zu viele Kilometer. Zugegeben, ein Luxusproblem. Seine Lösung: Historische Rennwagen, die auf der Strecke eingesetzt werden, fahren – „dafür sind sie doch gemacht“ – da ist dann auch der Trommelwirbel inklusive.

Tatsächlich gibt es aber auch noch Sammler, denen die Fahrfreude wichtiger ist, als die maximale Wertsteigerung: Bugatti Veyron legen im Jahr durchschnittlich 2.000 Kilometer zurück. Klingt wenig, ist aber viel – bei im Schnitt mehr als 40 Fahrzeugen, die ihre Besitzer in der Sammlung haben.

Text: Spot Press Services/Hanne Lübbehüsen
Fotos: Sothebys/Patrick Ernzen, Sothebys/Darin Schnabel

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