Eifel Rallye Festival: Ein Retro-Spektakel sucht seinesgleichen

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Es ist das weltweit größte Spektakel mit alten und um alte Rallye-Fahrzeuge, und es hat auch bei typischem Eifelwetter nichts von seiner Faszination eingebüßt. Die echten Hardcorefans ließen sich auch bei Sturmböen und Regenschauern nicht davon abhalten, bei der fünften Auflage des „Eifel Rallye Festivals“ vor Ort zu sein. Und das Retro-Event schreibt weiter seine ganz persönlichen, manchmal unglaublichen Geschichten:

Die resolute Dame aus der Traube der Umstehenden hatte partout keine Ruhe, bis sie sich endlich durch die Menge nach vorn gekämpft hatte und den Mann im Fahreranzug, der gerade einen Schluck Apfelschorle aus einer Plastikflasche zu sich nahm, am Ärmel gezupft hatte: „Herr Röhrl, wenn Sie die Flasche ausgetrunken haben, geben Sie die mir bitte. Die kommt zu Hause auf den Wohnzimmerschrank.“ Um mit purer Entschlossenheit hinzuzufügen: „Ungespült!“

Der Kult um die Reminiszenzen vergangener, aber nicht vergessener Jahrzehnte des Motorsports, vor allem aber um Deutschlands „ewigen Monte-Sieger“ Walter Röhrl nimmt bisweilen bizarre Züge an. Der mittlerweile 68-jährige „Fahrerlehrer der Nation“ wurde von seinen alten und jungen Bewunderern während der drei Rallyetage in der Eifel von Donnerstag bis Samstag auf Schritt und Tritt verfolgt. Egal, bei welcher Gelegenheit, in welchem Auto, ob fahrend auf der Prüfung oder mit den Menschen plaudernd „auf der Gass“: Die Faszination, die von diesem ganz und gar ungewöhnlichen Mann im fortgeschrittenen Rentenalter ausgeht, ist kaum zu erklären.

Doch hinter dem ganzen bunten und lauten zirzensischen Spektakel steckt ein über Monate hinweg generalstabsmäßig und minutiös geplantes organisatorisches Wunderwerk. Verantwortlich dafür zeichnet in erster Linie Röhrls frühere „rechte“ Hand und Co-Pilot Christian Geistdörfer. Der umtriebige und bestens vernetzte Geschäftsmann und der Kölner Reinhard Klein, „spiritus rector“ der Rallyeszene „slowly sideways“ sind die Protagonisten dieser geballten Wucht motorsportlicher Geschichte.

Das Eifel Rallye Festival, mit fünf Jahren eigentlich noch im „Kita-Alter“, ist binnen kürzester Frist eine Institution geworden: 150 Fahrzeuge aus fünf Jahrzehnten Rallye-Geschichte, Fahrerteams aus 15 verschiedenen Nationen und von vier Kontinenten: Das gibt es sonst nirgendwo. Daun und die umliegenden Dörfer, die Wertungsprüfungen, der nächtliche Zauber der Lichtkegel und dröhnenden Triebwerks-Bässe, alles spricht eine gemeinsame Sprache: Es fasst die Faszination vergangener, großartiger Zeiten im Rallyesport und die nur scheinbare Vergänglichkeit technischer Dinosaurier in Worte und Bilder.

Das Eifel Rallye Festival ist Jurassic Park aus der Entstehungsgeschichte ganz und gar ungewöhnlicher Sportgeräte. Von Menschenhand gesteuerte Ableger des Tyrannosaurus Rex, die sich mittels eines Verbrennungsmotors in die Herzen ihrer Bewunderer eingebrannt haben. Profis, ehemalige Weltmeister und Sieger großer Rallye-„Schlachten“ bewegten diese Automobile aus einer verwunschen Welt früherer Jahrzehnte genau so wie Amateure dort, wo sie sich am wohlsten fühlen: Auf abgesperrten Wertungsprüfungen.

Mehr an geballter Kompetenz und Prominenz aus der Geschichte dieser Sportart geht nicht: An der Spitze des Fahrerfeldes fuhren mit Schirmherr Walter Röhrl, Hannu Mikkola, Stig Blomqvist und Timo Salonen vier frühere Rallye-Weltmeister. Zählt man Sandro Munari, den Weltpokalsieger von 1977, dazu, dann waren in diesem Jahr in der Eifel beim fünften Festival-Jubiläum fünf der ehemals Weltbesten am Start.

Woraus dieses „Klassentreffen“ früherer Profis mit den Liebhabern und Besitzern historisch korrekter Fahrmaschinen seine Faszination bezieht, vermag auch ein Walter Röhrl unschwer zu erklären: „Ich denke, es steckt auch ein Stück Sehnsucht nach einer Welt des Motorsports dahinter, in der die Entscheidungen nicht vom Computer, sondern vom Menschen und dessen Können getroffen wurden.“ Hinzu kommt, sagt auch Peter Schlömer, der Vorsitzende des ausrichtenden Motorsportclubs Daun, dass „wir eine unglaubliche Vielfalt von Autos erleben und keine uniforme Veranstaltung, wie sie heute gang und gäbe ist.“
Der alles verhüllende Schleier des Unerklärlichen ist auch ein Stück des Geheimnisses, das Eifel Rallye Festival heißt.

Text: Jürgen C. Braun
Fotos: Oliver Kleinz

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