Plug-In- Hybride: Zwischen Anreiz und Alibi

Beitragsbild
Foto 1
Foto 2
Foto 3
Foto 4

Natürlich wird es eine automobile Zukunft geben. Die Frage ist nur, welche Art der Antriebsenergie in Frage kommt. Der Hype der rein elektromotorisch angetriebenen Fahrzeuge hat zwar 2014 international nochmals einen Aufschwung erlebt, ist aber inzwischen kräftig eingeknickt. Über die Gründe hatten wir an dieser Stelle bereits mehrfach berichtet: zu schwer, zu teuer, zu geringe Reichweite, zu lange Aufladeprozesse im Normalmodus. Diese Argumente konnten auch von der Industrie bislang nicht überzeugend widerlegt werden. Die Folge: Technisch etwas weniger aufwändige Lösungen werden angestrebt, bei denen ein Verbrennungsmotor zusätzlichen elektrischen Antrieb beigestellt bekommt. Strom aus Akkus, die im sogenannten Plug-in-Verfahren, also per Kabel direkt an der Steckdose, geladen werden können. Sinn macht das aber erst, wenn dieser Ladestrom aus 100 % erneuerbaren Energien generiert wird. Toyota und Lexus waren hierbei die technischen Vorreiter, neuerdings ziehen auch in Deutschland die selbst ernannten Premium-Hersteller Schritt für Schritt nach: Audi, BMW und Mercedes vor allem. Natürlich ist das Ganze eine Antriebs-Zwitterlösung, deren Umsetzung und Effizienz wohl bedacht werden muss, ebenso wie der Endpreis, den der Kunde zu zahlen hat. Als gesichert darf gelten, dass Fahrzeuge mit diesem System insgesamt weniger Kraftstoff benötigen. Aber nicht jeder besitzt eine Garage oder privaten Parkplatz, von dem aus er Ladestrom beziehen kann.

Öffentliche Strom-Tankstellen fristen derzeit noch ein recht karges Dasein, werden aber ausgebaut. Dass der Plug-in-Hybrid in hartem Konkurrenzkampf steht zum modernen Downsizing, also dem Hubraum-Verkleinern und Zylinder-Reduzieren, ist bekannt, denn mittels Turbolader (bis zum Dreifach-Turbo) oder der Register-Kompressor-Aufladung lassen sich enorme Leistungen aus den Triebwerken schaffen, bei noch effizienteren Verbrauchswerten. Dennoch: An die Plug-in-Hybride kommen sie nicht heran. Zum reinen elektrisch Fahren taugen die wenigsten Hybriden: Mehr als eine störungsfreie Durchquerung einer Fußgängerzone ist da meist nicht drin. Aber einige schaffen es inzwischen, gar deren 30 Kilometer weit zu fahren, was als offizielles gemeinsames Technik-Ziel der führenden Autobauer galt. Nun, das wäre geschafft, aber ausgerechnet im Lande des Intensiv-Smogs, China, haben die Behörden nun für die Zulassung von Hybriden eine garantierte Reichweite von mindestens 53 Kilometern ins Spiel gebracht. Was natürlich den wenigsten Premium-Marken schmecken dürfte. Audi aber hat schon reagiert. Dank eines speziellen Energiemanagements bewältigen die Modelle A6 L e-tron und das Groß-SUV Q7 e-tron bereits diese Pflichtübung. Selbst durchgeführte Verbrauchsmessungen aus Ingolstadt weisen einen Verbrauch von nur 2,5 Litern für eine Wegstrecke von 100 km Länge aus, was in Anbetracht dieser schweren Modelle reichlich optimistisch klingt. Die Tricks bei diesen Messungen sind ja inzwischen hinreichend bekannt. Volvo und Mitsubishi unter den Importeuren erreichen die 53 Kilometer rein elektrischen Fahrens ebenfalls.

BMW mit dem SUV X5 und Mercedes mit den Plug-in-Hybrid-Modellen der C- und der S-Klasse müssen da von 30 auf über 50 Kilometer noch nachlegen. Die gesamte Hybrid-Technik gilt daher als Brückentechnik hin zu noch effizienteren Lösungen und Leistungen. Dazu zählen zum Beispiel auch die Range-Extender-Systeme, bei denen ein kleiner Verbrennungsmotor für eine längere, dauerhafte Ladezeit der Batteriepakete während der Fahrt sorgt, wenn die vorher stationär aufgeladenen Akkus ihre Leistung einstellen. Der überschaubare Minderverbrauch an Kraftstoff reicht bei den spürbar höheren Preisen der Hybriden noch nicht als besonders schlagkräftiges Argument aus. Aber die Umwelt profitiert doch dabei etwas.

Text: Frank Nüssel/ CineMot
Quelle: Automobil Produktion 06/2015
Fptps: Toyota/Mercedes

Scroll to Top