Erste Erfahrungen: Ford Mustang

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Mehr als ein halbes Jahrhundert hat es gedauert, bis eines der legendärsten US-Automobile, die Sportwagen-Ikone des Hauses Ford, endlich den europäischen Markt erreicht. In seinem 51. Lebensjahr ist das Ponycar nun endlich über den großen Teich gekommen. Persönliche Erfahrungen und Empfindungen mit dem neuen Ford Mustang.

Die nackten Zahlen und Daten sind schnell erzählt, aber sie machen das Auto und seine Geschichte nicht aus. Zwei Karosserie-Varianten (Fastback und Convertible mit Stoff-Faltverdeck), und zwei Motor-Varianten: Ein 2,3 Liter Vierzylinder-Eco-Boost mit 314 PS und das Highlight, der fünf Liter große V8, der stramme 418 Pferde im Mustang auf die Weide, sprich den Asphalt, schickt. Als Kraftübertragung dienen wahlweise eine manuelle Sechsgang-Schaltung oder eine Automatik mit sechs Stufen und Schaltwippen. Der Einstiegspreis beträgt 35.000 Euro für den handgeschalteten 2,3 Liter EcoBoost (Spitze 234 km/h), an der Spitze der Preisliste das fünf Liter Convertible mit Automatik (250 km/h abgeriegelt) für 46.000 Euro. Schnäppchenpreise im Vergleich zu dem, was die wenig vergleichbaren ähnlichen Angebote der Konkurrenz kosten. Vom ideellen Mehrwert, eben ein echtes US-Legend-Car zu besitzen und seinen Spaß damit haben zu dürfen, einmal ganz zu schweigen.

Aber Ford Mustang, das ist mehr als „nur“ ein Automobil. Mehr als nur ein Sportwagen, auch mehr als ein Sportwagen der besonderen Art. Ford Mustang, das ist auch ein Stück Lebensgefühl, ein Masterpiece vom american way of life. Ford Mustang – das ist auch die in Stahl gemeißelte Erinnerung an die wohl grandioseste Verfolgungsjagd der Filmgeschichte: Steve McQueen duellierte sich im Kult-Thriller „Bullitt“ im 68er Ford Mustang mit einem tiefschwarzen Dodge Charger, bis dieser endlich nach minutenlanger gnadenloser Hatz über die asphaltierten Sprunghügel von San Francisco in einer Tankstelle explodiert. Ganz ehrlich: Wie „Mr. Cool“ persönlich, Steve McQueen also, habe ich mich nicht gerade gefühlt, als ich an diesem Tag das in Europa angekommene Stück amerikanischer Zeitgeschichte zum ersten Mal fahren durfte. Was nicht nur daran liegt, dass ich bisher nicht einmal marginale optische Gemeinsamkeiten zwischen McQueen und mir habe feststellen können. Leider.

Und wohl auch nicht daran, dass mir bei meinem „Ausritt“ mit beiden Motor-Varianten durch das oberbayerische Voralpenland ähnlich halsbrecherische Aktionen wie weiland auf der Leinwand erspart blieben. Zudem fehlten bei meinem ersten Date mit dem neuen Ford Mustang auch jene acht Stuntmen, die im Leinwand-Epos „Bullitt“ als Fußgänger in halsbrecherischer Manier vor den heran fliegenden Muscle cars fliehen mussten. Meine gesetzeskonforme Fahrweise hätte ihren Einsatz auch nicht nötig gemacht. Aber nach mehr als 40 Jahren umtriebiger Motor-Journaille einmal ein Fahrzeug fahren zu dürfen, das mich schon fasziniert hatte, als ich noch nicht einmal einen Führerschein besaß, das war schon das, was man ein Sahnehäubchen im Arbeitsleben nennt.

Natürlich mag der dumpf und verheißungsvoll vor sich hin brabbelnde Achtzylinder unter der langen Motorhaube für die Puristen der Mustang-Freunde die einzig wahre Kraft der Freude für dieses Fahrzeug sein. Doch auch beatmet vom aufgeblasenen 2,3 Liter Vierzylinder kommt jenes untrügliche Fahrgefühl auf, das eben kein Golf GTI oder ähnlich durchaus flotte und gelungene Alltagsfahrzeuge auch nur im Ansatz vermitteln können. Das ist unter anderem eine Folge der neuen Mehrlenker-Hinterachse, die das starre Fahrwerk früherer Konstruktionen endlich in die Geschichtsbücher geschrieben hat. Der Ford Mustang ist als Fahrmaschine das Ergebnis seiner Gene und seiner Formen: Er erstreckt sich auf 4,78 Meter Länge, ist dabei aber nur 1,38 Meter flach. Auch optisch ist der GT ein gelungener Mix aus Retro und aus modernen Stilelementen. So ist der große Grill eingerahmt von schmalen Scheinwerfern, die lange Haube und die massigen Flanken werden von zwei markanten Sicken konturiert. Am Heck leuchten sechs auffallend vertikale LED-Linien als Hommage der 1960er Jahre an das Jahr 2015.

Neben der dergestalt vollzogenen Verschmelzung zweier exklusiver Automobil-Welten, zwischen denen ein halbes Jahrhundert liegt, fehlt zur Krönung des Tages in diesem Moment eigentlich nur noch die einzig dazu passende akustische Umarmung aus den Boxen. Wilson Picketts gefühlvolle Ballade aus den späten 1960ern, die diesem zur automobilen Zeitgeschichte mutierten Stück Amerika ein Denkmal setzte: „Mustang Sally …“

Aber wir wollen nicht unbescheiden sein.

Text und Fotos: Jürgen C. Braun

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