Der Zeitpunkt ist gut gewählt: Pünktlich zum ESC 2015 präsentiert Conchita Wurst ihr Debüt-Album. Slow Food für die Ohren, könnte man sagen, denn es war klug, die Produktion nicht schnell-schnell nach dem ESC-Sieg 2014 auf den Markt quasi zu werfen, auf dass sie vom damaligen Hype möglichst stark profitiere.
Was für ein Auftritt, welch ein Triumph! Eine Frau mit Bart, ein Mann, der sich bewusst so entschieden hat und den Nachnamen der Figur so einfach wie logisch erklärt: Aussehen und andere Äußerlichkeiten sind doch, seien wir ehrlich, wirklich wurst. Denjenigen, die abstimmten, gefiel die Botschaft, das in bester Goldfinger-Tradition präsentierte Rise Like A Phoenix räumte den Sieg ab und ließ all diejenigen, die zuvor hysterisch aufgeschrien hatten, zurück.
So ist auch das schlicht Conchita betitelte Album ein üppiges Werk geworden, Pop mit großem Orchester, Songs, die schon im Titel Selbstbewusstsein dokumentieren (You Are Unstoppable, Heroes), Ohrwürmer im besten Sinne – wer diese Richtung mag, wird alle Titel des Debüts goutieren. Zumal die gesanglichen Qualitäten von Conchita absolut unstrittig sind.
Ein Debüt ist ein Debüt, will heißen: ausbaufähig. Denn so ganz kommt der empathische Charme der Kunstfigur, die live so gar nicht künstlich wirkt, nicht rüber. Das liegt in der Natur der Studioproduktion. Denn einen mitfühlenderen und aufmunternderen Moderator hat es in den Green Rooms vergangener ESCs sicher nicht gegeben. Also – möge das erste Live-Album nicht allzu lange auf sich warten lassen!
Conchita Wurst: Conchita (Columbia/Sony)