Test-Tour: Nissan Juke Nismo RS

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Als wenn der kleine Crossover mit seiner unkonventionell frechen Optik nicht schon genug auffallen würde: Jetzt hat Nissan seinen kompakten Juke als Nismo RS (steht für Racing Sport) auch noch in die Mucki-Bude geschickt. Und was ist dabei heraus gekommen? Der pummelige Giftzwerg sieht aus, als könne er vor lauter Kraft kaum noch laufen und einen ordentlichen Schluck aus der Pulle hat er auch noch zu sich genommen.

Ordentlich Dampf unter der Haube ist bei den pubertären Möchtegern-Schumis des Automobilbaus durchaus keine Seltenheit: Was dem Polo sein GTI ist dem Corsa sein OPC und dem Ibiza sein Cupra. Derlei aufmüpfige verbale Kraftmeierei im Kindergarten der Kolben und Kerzen ließe sich namentlich gerne und beliebig fortsetzen. Eher seltener sind diese Erscheinungen allerdings bei kompakten Fahrzeugen, die mehrere Stilelemente in sich vereinen. Sogenannte Crossover eben. In eben diese Schublade aber gehört der Frechdachs aus dem Hause Nissan nachweislich.

„Nismo“ nennt Nissan seine Modellreihe, die sich durch besonders sportlichen Auftritt in Leistung und Optik auszeichnet. Auf schmucken 18-Zoll-Felgen im Doppelspeichen-Design steht der Juke Nismo RS mit seinem breit ausladenden Hinterteil (pardon, den weitläufig konturierten Radhäusern), griffigen Schürzen, Diffusor und roten Spiegelkappen da wie die sprichwörtliche Verführung zum Kurven räubern. So, als grummele der 1,6 Liter große Turbomotor unter der Haube verheißungsvoll: „Nun steig schon ein, Du willst es doch auch.“

Mit 218 PS, und damit 18 PS mehr als beim Vorgänger Juke Nismo (damals noch ohne Kürzel RS), erbringt unser Testwagen zwar den Nachweis, dass das virtuelle Hantelstemmen beim Motor-Management seine Wirkung nicht verfehlt hat. Erheblich erfreulichere Auswirkungen auf das Fahrvergnügen haben jedoch nicht die paar zusätzlichen Pferdestärken, sondern ein technisches Feature, das in diesem Segment eher selten ist. Eine mechanische Differentialsperre an der Vorderachse nämlich macht bei diesem Auto einen richtig guten Job.
Was bedeutet das im Detail? Zum einen ergibt sich dadurch eine vorzügliche Traktion im Kurvenbereich. Der permanente Vortrieb reißt auch dann nicht ab, wenn die Vorderräder beim raschen Beschleunigen mal kurz die Bodenhaftung verlieren. Zudem schiebt dieser kleine japanische Quertreiber, was völlig untypisch für einen Fronttriebler ist, auch kaum über die Vorderräder. Dieser Charakterzug ist quasi eine Aufforderung, den Anstellwinkel der inneren Kurvenräder im Extremfall noch etwas spitzer zu gestalten. Oder, um es weniger geschwollen zu formulieren: Beim Randsteinräubern auch mal die Sau raus zu lassen! Da auch die Lenkung eine selten erlebte direkte Rückmeldung bietet, empfiehlt es sich, beim Handling in schnellen Kurven mit konsequenter Hand vorzugehen.

Knackig kurze Schaltwege erhöhen den Fahrspaß. Ein kurzes dumpfes Wummern gibt Kunde davon, dass der Turbo-Punch gerade einen mächtigen Aufwärtshaken in Richtung Getriebe fliegen lässt. Zwar steht das gesamte Drehmoment erst ab 3.600 Umdrehungen zur Verfügung, dennoch schiebt der Nismo RS schon ab etwas mehr als 2.000 U/min merklich nach vorn. Das Fahrwerk hätten wir noch etwas straffer erwartet, ist aber im Sinne des Verbraucherschutzes hinter dem Lenkrad gar nicht einmal schlecht geregelt. Bandscheiben-mordend ist die Federung jedenfalls nicht.

Zudem schaffen die führigen Recaro-Sitze (kosten 1.500 Euro als Option) eine straffe Sitzposition mit ausgeprägtem Seitenhalt. Je nach körperlicher Beschaffenheit des Fahrers sorgen die eng anliegenden Seitenlehnen dafür, dass das unter der Wahrung täglicher Ess-Disziplin angefutterte Wohlstandspolster entweder wabernd über die Konturen des Sitzes hinaus quillt oder sich die Hüftknochen eines fast schon zum Skelett mutierten Piloten mit laut vernehmlichem Bersten in die Applikationen der Sitzwangen bohren.

Unser Fazit: Wer beim Autofahren zwar auch, aber nicht ausschließlich von Punkt A nach Punkt B kommen will, sondern sich auch durch das Ausleben gewisser Lustfaktoren hinter dem mit Veloursleder bezogenen Lenkrad einen flotten Kick verschaffen möchte, der ist hier – bei aller gebotenen Professionalität im Umgang mit dem Fahrzeug – gut aufgehoben. Was nicht nur mit den Recaro-Sitzen zu tun hat.

Technische Daten Nissan Juke Nismo RS

Ausführung: fünftüriger kompakter Crossover
Länge/Breite/Höhe: 4,14/1,77/1,57 Meter
Leergewicht: 1.342 Kilogramm
Kofferrauminhalt: 354 Liter
Radstand: 2,53 Meter
Motor: Vierzylinder Turbo, zwei oben liegende Nockenwellen
(DOHC)Hubraum: 1.618 Kubikzentimeter
Leistung: 218 PS bei 6.000 U/min
Maximales Drehmoment: 280 Nm bei 3.600 – 4.800 U/min
Kraftübertragung: manuelles 6-Gang-Schaltgetriebe
Höchstgeschwindigkeit: 220 km/h
0 bis 100 km/h: 7,0 Sekunden
Preis: ab 28.200 Euro

Text und Fotos: Jürgen C. Braun

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