Liebe Leserin!
Lieber Leser!

Sicherlich haben Sie, wie die meisten von uns, in der vergangenen Woche unter den Auswirkungen des Streiks der Lokführer-Gewerkschaft gelitten. Wer mobil sein wollte, der musste sich auch etwas einfallen lassen, um diese Mobilität zu gewährleisten oder sich auf erhebliche Verspätungen einstellen. Ich weiß wovon, ich spreche, aber da mein Einzelschicksal nur eines von vielen Abertausenden war, möchte ich es jetzt nicht noch einmal explizit erläutern.

Doch auch nach dem mittlerweile achten Streik der Lokführer wird nachher Bilanz gezogen und die Zahlen auf den Tisch gelegt. Es geht mir auch nicht darum, einem der beiden Tarifpartner das Wort zu reden. Das ist Sache der Tarifautonomie, aber seine persönlichen Gedanken hat sich sicherlich (fast) jeder von uns gemacht. Doch Anfang dieser Woche wurden dann ein paar Zahlen auf den Tisch gelegt, die uns Allen die Auswirkungen dieses Stillstands noch einmal ganz bewusst vor Augen führten.

Wie immer gibt es nämlich nicht nur Verlierer, sondern auch Gewinner bei solchen außerplanmäßigen und außergewöhnlichen Verkehrs-Situationen. Innerhalb eines halben Jahres wurde bei der Bahn insgesamt acht Mal gestreikt, Diese acht vergangenen Streiks bei der Bahn haben vor allem den Fernbusanbietern viele Neukunden beschert. Und das, ohne dass dafür ein müder Euro in Werbung hätte investiert werden müssen.

Das jedenfalls geht aus einer Erhebung der Verkehrsmittel-übergreifenden Buchungsplattform „GoEuro.de“ hervor. Ihr zufolge stiegen etwa 500.000 Pendler und Reisende seit dem September des vergangenen Jahres als Folge des Bahnstreiks zum allerersten Mal in ihrem Leben in einen Fernbus.
Es wäre sicherlich vermessen, zu behaupten, die Fernbus-Anbieter würden sich noch einige weitere Aktionen dieser Art wünschen. Fest steht indes: Sie haben erheblich daran partizipiert. Denn für den ohnehin stark wachsenden Fernbusmarkt, in dem ein großer Konkurrenzdruck herrscht, sind solche Streiks eine gute Gelegenheit, ihre Möglichkeiten einer großen Anzahl von mobilitätswilligen Menschen zu präsentieren.

Aber auch andersherum wird ein Schuh draus: Für die Bahn nämlich wird die Konkurrenz auf der Straße zunehmend zum Problem: Waren es im Jahr 2013 nur acht Millionen Menschen, die in Deutschland mit dem Bus unterwegs waren, so betrug deren Anzahl im Jahr 2014 bereits 18 Millionen. Sicher, es wären auch ohne die stillgelegten Loks einige Leute mehr auf die Idee gekommen, etwas preiswerter durchs Land zu fahren als das bei der Bahn möglich ist. Aber eine gute Werbelokomotive für den Fernreise-Verkehr mit dem Bus waren Herr Weselsky und seine Gewerkschaft auf jeden Fall gewesen.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.

Ihr Jürgen C. Braun

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