Liebe Leserin!
Lieber Leser!
Eine der letzten Nachrichten des Jahres aus dem Automobilbereich war zugleich eine der spektakulärsten und meistdiskutierten. Wenngleich weniger Fahrzeug als Fahrer im Mittelpunkt stand. Der Dortmunder Fußball-Profi Marco Reus wurde wegen jahrelangen Fahrens ohne Führerschein erwischt, stattdessen mit einem gefälschten „Lappen“, der angeblich aus den Niederlanden stammen sollte. Wie in solchen Fällen üblich wurde die Strafe nach dem Verdienst des Beschuldigten festgesetzt. Im Falle Reus waren dies 90 Tagessätze in Höhe seines vermuteten Monatsgehalts. Heraus kam dabei die wohl höchste Summe, die hierzulande jemals für das Delikt „Fahren ohne Führerschein“ ausgesprochen wurde: 540.000 Euro. Mehr als eine halbe Million.
Dabei ging es nicht darum, dass der 25jährige Fußball-Millionär ohne seine Fahrlizenz angetroffen wurde, weil er sie vielleicht vergessen hatte. Nein, der Mann hatte schlicht nie eine Fahrprüfung abgelegt. Er sah sich aber imstande, Fahrzeuge wie einen 12-zylindrigen Aston Martin zu bewegen, mit dem James Bond einst die Welt vor dem Zugriff des Bösen zu retten versuchte. Was diesem letztendlich auch gelang. Der Kommentar des Betroffenen, der zuvor noch ein paar Mal wegen zu schnellen Fahrens erwischt worden war: Es sei ein großer Fehler gewesen, das werde ihm sicherlich nie mehr passieren, er werde die Strafe akzeptieren.
Was wie ein reumütiges Schuld-Eingeständnis klingt, ist vielmehr die Manifestation der These, dass diese millionenschweren jungen Männer in einer Parallel-Welt leben, die mit dem normalen Tagesablauf und dem täglichen Gedankengut deutscher Bundesbürger nichts mehr zu tun hat. 540.000 Euro! Das ist eine Summe, für die Menschen ein halbes Leben lang arbeiten gehen, ohne dass man von diesen Menschen behaupten könnte, sie lebten an der Armutsgrenze. Im Falle Reus dagegen ist es der Verdienst aus drei Monaten. Wobei dies aber nur das „Grundgehalt“ ist, sprich: ohne Prämien und Werbe-Einnahmen. Rechnet man diese Einkünfte noch hinzu, ist man schnell beim Doppelten.
Das eigentlich Bemerkenswerte an dieser Geschichte ist jedoch weniger die Höhe der astronomischen Summe der Strafe für dieses Vergehen. Es ist vielmehr die Erkenntnis, dass diese Menschen kein Unrechtsbewusstsein haben. Woher soll es auch kommen? Sie leben in ihrer eigenen Welt. Ihnen wird von ihren Vereinen, ihren Spieler- und Finanzberatern alles abgenommen. Um die alltäglichen Dinge des Lebens wie Behördengänge oder andere lästigen Pflichten eines Normalbürgers müssen sie sich nicht kümmern. Also resultiert daraus die (falsche) Schlussfolgerung: Ich stehe über allem. Quasi: Das Gesetz bin ich.
Für Herrn Reus wird die Angelegenheit in diesem Falle allerdings nicht mit der Zahlung einer halben Million Euro erledigt sein. Die Überweisung wird wohl auch noch ein Bevollmächtigter seines Managements ausfüllen und unterschreiben. Damit ist es dann aber nicht getan. Nein, der junge Mann wird sich wie einer seiner vielen Millionen Fans in eine Fahrschule setzen, theoretischen und praktischen Unterricht absolvieren müssen. Wenn er nicht vorher noch dazu verdonnert wird, erst einmal eine so genannte „MPU“, zu absolvieren, im Volksmund salopp „Idiotentest“ genannt.
Pikanterweise hat der Fußball-Profi ohne Führerschein auch noch für eine sehr erfolgreiche Kampagne des Autoherstellers Opel geworben. Die nannte sich „Umparken im Kopf – passend. Vielleicht sollte der Betreffende sich diese Aufforderung mal zu Herzen nehmen. Unter Umständen dann, wenn er mit Jüngeren im Klassenraum der Fahrschule sitzt. Wahrscheinlicher aber ist, dass ihm sein Management einen privaten Fahrschullehrer mit anschließender Fahrprüfung unter Ausschluss der Öffentlichkeit organisiert. Was aber nur eine mögliche Gedankenspielerei meinerseits ist.
Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende und einen „Guten Rutsch“ ins Jahr 2015.
Ihr Jürgen C. Braun