Liebe Leserin,
lieber Leser,

in der vergangenen Woche überraschte uns Opel mit einem Auto, das weniger durch seine Platzierung in einem bestimmten Marktsegment, sondern durch seinen Namen auf sich aufmerksam machte. Nachfolger des Agila noch unterhalb des Corsa wird für runde 10.000 Euro ein Fahrzeug werden, das den schönen deutschen Vornamen „Karl“ trägt. Gegen Konkurrenten wie VW Up, Hyundai i10 oder Fiat Panda könnten die Rüsselsheimer da antreten.
Sie wundern sich über diese Namensgebung? Ganz ehrlich, das habe ich im ersten Moment auch getan. Mit ein wenig nachdenken, was die Opelaner zu dieser ganz speziellen Maßnahme veranlasst haben könnte, finden ich den „Opel Karl“ jedoch für einen geschickten Schachzug, um das Auto beim Käufer und in dessen Hirnwindungen zu platzieren. Diskutiert wird bereits jetzt, lange vor der Markteinführung über den Ultra-Kompakten, und darüber sind die Opel-Leute mit Sicherheit nicht gram.

Eine humane, also im wahrsten Sinn des Wortes menschliche, Bezeichnung für ein Automobil ist im Übrigen nichts Neues. Alfa Romeos „Giulietta“ und die „Giulia“ wurden bei Freunden der italienischen Sportwagenmarke hierzulande schnell ganz possierlich zum „Julchen.“ Und Mercedes-Fahrzeuge verdanken ihre namentliche Bezeichnung der Tochter des Geschäftsmannes Emil Jellinek, der Ende des 19. Jahrhunderts mit Daimler-Fahrzeugen handelte. Unter dem Pseudonym des Vornamens seiner Tochter Mercedes nahm er mit einem solchen Automobil an Motorsport-Veranstaltungen teil.

Mit dem Karl, das haben die Opel-Werbestrategen selbst so propagiert, wolle man nach dem Adam nun ein zweites neues Erzeugnis auch namentlich mit in die Firmengeschichte einbinden. Denn der älteste Sohn des Firmengründers Adam Opel, Carl Opel, war maßgeblich am Aufschwung und dem erfolgreichen Werdegang des Hauses und der Marke beteiligt. Doch der Name steht nicht nur für die Blütezeit des Unternehmens, sondern symbolisiert auch angesichts der Zeit, in der der Vorname Karl gang und gäbe war, ein Stück deutscher Tugenden: Wertbeständigkeit, Verlässlichkeit. Das sind Attribute, die man dem Kunden beim Kauf dieses Fahrzeugs suggerieren möchte.

Bleibt nur zu hoffen, dass nun nicht Alice Schwarzer und Gesinnungsgenossinnen auf die Barrikaden gehen und im Zuge der sexistischen Gleichberechtigung ein mobiles Schwesterlein für Karl, den Kleinen, der einmal mit entsprechenden Verkaufszahlen Karl der Große werden soll, einfordern. Derlei Optionen gäbe die Familiengeschichte mit Sicherheit her, finden sich doch in der jüngeren Stammreihe derer von Opel beispielsweise eine Sophie Eleonore von Opel und eine Eleonore Johanna Carola von Opel.
Oder sollte es etwa „Opel Charlotte werden?“ Das aber möge Karl (der Kleine oder der Große, ganz egal wer) verhüten.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.

Ihr Jürgen C. Braun

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