Langsam gehen den Veranstaltern die Zeitzeugen aus, denn Elvis starb 1977 mit nur 42 Jahren. Im kommenden Jahr, genau am 8. Januar 2015, wäre er 80 geworden. Weltweit gibt es zwar Tausende von Fans, aber die Wegbeleiter werden weniger.
Umso begeisterter wurde in diesem Jahr der aus New York eingeflogene Alfred Wertheimer (85) gefeiert. Wertheimer ist eigentlich ein ganz normaler Fotograf. Naja, so ganz normal nun auch wieder nicht, denn er errang durch die Fotos von Elvis Weltruhm. Zwei Jahre für die Ewigkeit. 1956 sollte er Elvis für ein Cover der Plattenfirma RCA ablichten. Er machte seine Sache so gut, dass er Elvis bis 1958 begleiten durfte. Das letzte Foto machte er von Elvis‘ Abreise: Mit einem Seesack auf der Schulter bestieg der mit weiteren 500 G.I.s das Schiff nach Europa, um dort seinen Wehrdienst abzuleisten. Wertheimer hatte bis dahin etwa 2.500 Fotos von ihm machen dürfen, war immer ganz nah am „King“ und immer ohne Blitzlicht.
„Elvis war ein Phänomen, nicht nur als Model“, verriet Wertheimer. „Er war so natürlich, so humorvoll. Aber mit seinen Liedern gelang es ihm sogar, die Mädels reihenweise zum Weinen zu bringen.“
Alfred Wertheimer schrieb beim diesjährigen Festival zwei Tage lang geduldig Autogramme, gab Einzelinterviews und hatte weiß Gott viel zu erzählen. Welch eine Ausdauer legte dieser 85-Jährige an den Tag. Bewundernswert!
Die Stadt Bad Nauheim und die Elvis-Presley-Gesellschaft „feiern“ seit 2002 jedes Jahr Elvis‘ Todestag mit einem Riesen-Festival in seinem „european home“. Seinen Militärdienst absolvierte Elvis in Friedberg/Hessen in der Ray-Barrack-Kaserne und wohnte im benachbarten Bad Nauheim. Hier empfing er seine Fans am Gartenzaun, hier aß er seinen Bienenstich und hier hinterließ er viele gebrochene Frauenherzen.
Elvis‘ Fan-Gemeinde wird immer noch täglich größer. Alleine in diesem Jahr kamen wieder rund 10.000 Gäste zum 13. Elvis-Festival nach Bad Nauheim. Fans, Enthusiasten, Elvis-Doubles, Mädels in 1950er Jahre Kleidern. In der letzten Woche sah man viele junge Mädchen mit ihren gepunkteten Neckholder-Kleidchen und den frisch gestärkten Petticoats aus den Reinigungen der Stadt kommen. Schade nur, dass sie am Freitag diese prachtvollen Gewänder unter Anoraks verstecken mussten. Irgendjemand hatte versäumt, mit Petrus einen Vertrag zu schließen, denn am Freitag schüttete es wie aus Eimern.
Trotzdem waren viele Besucher nach Bad Nauheim gekommen, darunter zahlreiche Wiederholungstäter. Unter anderem trafen wir Aline Kirsch, Vorstandmitglied des saarländischen Oldtimer- und Elvis-Fanclubs. Stilgerecht gekleidet mit Blümchenkleid, Petticoat und roter Blume im Haar wäre sie zu gerne wieder selber bei der Cadillac-Parade mitgefahren. Aber der Motor ihres Plymouth Savoy Baujahr 1955 hatte nicht rechtzeitig genug eine neue Zylinderkopfdichtung bekommen. Manchmal dauert sowas bei Oldtimern halt ein wenig länger.
Und wir machten die Bekanntschaft der jungen Studentin Sabine Meier aus Fulda, die für ihre Examensarbeit über das Leben von Elvis recherchierte. Ein anderer junge Mann – Michael Schmidt – erstaunte die Zuhörer über die vielen Details, die er über Elvis wusste. Diese beiden jungen Menschen waren noch gar nicht auf der Welt, als Elvis schon lange nicht mehr lebte.
Oder das Ehepaar Günter und Anita Orbie aus Belgien. Sie erinnern sich? Auch im letzten Jahr nahmen sie mit ihrem cremefarbenen, wunderschön gepflegten 1958 Cadillac Sedan de Ville teil. Seitdem hat Anita, die wegen ihrer MS-Krankheit stets einen Rollstuhl mit sich führen muss, erstaunliche Fortschritte gemacht. Immer weniger Zeit muss sie im Rollstuhl verbringen. Eiserner Wille und das lang ersehnte Wiedersehen mit ihrer heute 16-jährigen Patentochter in Costa Rica haben sie zwar nicht geheilt, die Krankheit aber in den Hintergrund treten lassen.
A propos Cadillac: Samstags stand wie immer eine Cadillac-Parade auf dem Programm, denn Elvis war nicht nur der King of Rock 'n' Roll, sondern galt zugleich als King of Cadillac. Sein pinkfarbenes Auto war ebenso Kult wie seine Haartolle und sein Hüftschwung. Schade nur, dass in diesem Jahr nur sieben Cadillacs an der Show-Fahrt teilnahmen. Gewiss, auch die anderen Oldtimer des Corso waren wunderschöne Autos: Jaguar-E-Type, Buick, Karman Ghia oder 1972er Ford Taunus, um nur einige zu nennen. Aber eben keine Cadillacs.
Es gibt unzählige Doubles von Elvis, nicht nur hier in Bad Nauheim. Und nicht nur „Look-alikes“, (aussehen als ob), nein, auch solche, die singend und hüftschwingend versuchen, den King of Rock 'n' Roll zu kopieren. Nein. Denn zum Beispiel tritt im Estrel Hotel in Berlin zur Zeit Grahame Patrick aus Dublin auf. Auch er beweist vor ausverkauftem Haus, dass die Legende Elvis weiterlebt, dass er immer noch unvergessen ist und das Publikum generationenübergreifend begeistert. Eine Woche später sahen wir Grahame Patrick übrigens im ZDF-Fernsehgarten als Gast bei Andrea Kiewel. Kein Wunder, dass einer der wenigen noch lebenden Weggefährten Elvis‘ einmal sagte: Dieser Gahame Patrick ist „der beste Elvis seit Elvis.“
Der richtige Elvis, der hatte es drauf: Er brachte die Mädels zum Weinen. Und das bis heute, denn junge Mädchen, die zu Elvis Lebzeiten noch gar nicht geboren waren, standen am Elvis-Denkmal vor dem Hotel Dolce in Bad Nauheim, legten Blumen hin und kämpften mit ihren Tränen. „Was wäre wenn?“ Wie gesagt, am 8. Januar 2015 hätte Elvis seinen 80. gefeiert.
Text und Fotos: Jutta Sein