Liebe Leserin!
Lieber Leser!

Wer in diesen Tagen lange Autobahn-Reisen absolvieren muss, wird bestätigen können: Die Sommerferien haben begonnen. Gott sei Dank, wie seit vielen Jahren endlich in die Tat umgesetzt, nicht alle Bundesländer zur gleichen Zeit, sondern „scheibchenweise“. An jedem Wochenende ein paar andere von Schleswig-Holstein bis Bayern. Damit es nicht ganz so arg stopft auf unserem Straßennetz. Und dennoch: Zu kilometerlangen Staus und damit zu elenden Nerven-Schlachten reicht es mitunter dennoch. Und das, obwohl es in Deutschland offiziell kein Tempolimit gibt.

Eine solche Geschwindigkeits-Beschränkung aber muss noch lange kein Hinderungsgrund sein, mit Muße und ganz entspannt „Kilometer fressen“ zu können. Das haben uns unsere Schweizer Nachbarn mit ihrem Verkehrsmodell vorgemacht. Bei den Eidgenossen gilt seit etwa 30 Jahren: Bei Tempo 120 ist Schluss auf den Verbindungen von Kanton zu Kanton. Das Ergebnis: Der Verkehr fließt, Staus sind (fast immer) Fehlanzeige. Warum also an einem System herum rütteln und es in Frage stellen, wo es sich doch offenbar bewährt hat.

Aber, liebe Leserinnen und Leser: Wenn Sie in diesen Sommertagen durch das südliche „EU-Ausland“ fahren, denken Sie daran: Es könnte das letzte Mal sein, dass Sie das so und in dieser Form zwischen Basel und Bellinzona getan haben. Denn es regt sich Widerstand gegen die gängige Praxis. Auf Facebook (wo auch sonst) gründete ein User aus Zürich eine Initiative, in der gefordert wird, das Tempolimit im Alpenland auf Tempo 140 herauf zu setzen. Ein entsprechendes Formular kann man sich (natürlich) schon herunter laden.

Begründung: Er, Marco Schläpfer, 29 Jahre alt, fühle sich von den „regulierungswütigen linken Politikern in Bern“ (Zitat) zunehmend ausgebremst. Nun ja, zumindest in der Wortwahl hat sich der junge Mann da nicht vertan. Ausgebremst trifft es wohl auf den Kern. Denn letztendlich sei das Tempolimit von 120 km/h, das doch so entspannend sein kann, vor vielen Jahren von den damaligen Volksvertretern umgesetzt worden, um den Eidgenossen den Spaß am flotten Auto fahren zu nehmen und diese zu disziplinieren. Mit Verkehrssicherheit habe das jedenfalls nichts zu tun. Eher schon mit Bevormundung und bevormunden lassen wolle er sich partout nicht.

Und siehe da: Innerhalb weniger Tage hatte der junge, zornige Tell-Enkel mehr als 100.000 „Likes“ auf seiner Seite zusammen, Offenbar stand er nicht so alleine da mit seiner Ansicht. Und das ist südlich des Rheinfalls von Schaffhausen eine durchaus magische Zahl. 100.000 Zuschriften werden nämlich benötigt, damit eine Volksinitiative zur Abstimmung zugelassen wird. Die Schweizer könnten also durchaus demnächst darüber abstimmen, ob nun auf ihren Autobahnen Tempo 140 statthaft ist.

Und dass sie sich damit auch die selbst gemachten künstlichen Staus ins Land holen.

Na dann „Grüezi wohl“ beim Stop and Go. Auch schneller kommt man manchmal langsamer zum Ziel.

Ich wünsche Ihnen ein erholsames Wochenende.

Ihr Jürgen C. Braun

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