Italien: Hohe Strafen bei Winterreifen im Sommer

Beitragsbild
Foto 1
Foto 2
Foto 3
Foto 4

Rechtzeitig zur automobilen Reisesaison haben sich die italienischen Behörden wieder etwas einfallen lassen, das sowohl national als auch international aufhorchen lässt. Generell ist es ab Mitte Mai bis Mitte Oktober 2014 (natürlich auch in den Folgejahren!) verboten, bestimmte Winterreifen zu benutzen. Da auch die meisten A/T-(All-Terrain) und M/T-(Mud Terrain)-Reifen eine M+S-Kennzeichnung aufweisen, gilt das Verbot auch für diese Reifenfraktion. Exakt interpretiert, bedeutet das Verbot: Wenn die Reifen mit einem Geschwindigkeits-Index versehen sind, dessen V-max (Höchstgeschwindigkeit) UNTER der des Fahrzeugs liegt, die in der Zulassungsbescheinigung Teil 1 (früher: Kraftfahrzeugschein) ausgewiesen ist. In Deutschland beispielsweise ist das aber erlaubt, wenn ein entsprechender Aufkleber mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit des Reifens im Sichtfeld des Fahrers angebracht ist. Diese Regelung gilt NICHT in Italien! Im Gegenteil. Carabinieri und Polizia stradale haben ein scharfes Auge vor allem auf Geländewagen, SUVs und Wohnmobile und schreiten schnell und unnachgiebig zur Kontrolle. Den Behörden geht es dabei vor allem darum, die Reifenmodelle der unteren Geschwindigkeitsklassen, z.B. die Q- Reifen, die bis 160 km/h zulässig sind, auf Fahrzeugen, die mehr als 160 km/h als Höchstgeschwindigkeit eingetragen haben (und das ist bei nahezu allen Geländewagen und SUV Fakt!), aufzuspüren. Die unangenehmen Folgen: diskussionsresistente Geldbußen zwischen 419 und 1.682 Euro direkt vor Ort. Die Bandbreite der behördlichen Maßnahmen reicht aber bis zur Konfiszierung des Fahrzeugs, was den Urlaubsetat nochmals beträchtlich einschränkt. Ein Beispiel aus der Praxis: wer mit einem Land Rover Discovery SDV6 in Bella Italia unterwegs ist, der mit einer V-max von 200 km/h angegeben ist, darf hier in der abgegebenen Zeit auch keinen Winter-Pneu mit den Indices R, S oder T fahren.

Und wo, bitte, finde ich den Speed-Index auf dem Reifen? Es ist der letzte Buchstabe in der Größenbezeichnung auf der Flanke des Reifens. Die Frage nach den Gründen für diese neue italienische Variante, automobile Gäste dauerhaft zu vergraulen, ist nach Gesprächen des Autors mit Ordnungsbehörden im südlichen Nachbarland vor allem damit zu beantworten: viele italienische (und auch französische aus der unmittelbaren Nachbarschaft) Offroad-Freaks rüsten ihre Allradler für Geländefahrten auf relativ ungeeignete betagtere Winterreifen um in der Absicht, mehr Grip in Staub und Schotter zu haben. Außerdem ist das billiger, die Altpneus runter zu fahren. Auf der Autobahn werden diese Reifen dann wieder bis zu, auf italienischen Autobahnen erlaubten, 130 km/h gefahren, was ihnen bereits vielfach nicht bekommen ist. Profilausbrüche und Protektorablösungen führten zu deftigen Reifenpannen und diese zu verhängnisvollen Unfällen.

Ob diese neue Regelung auch der richtige Schritt in die richtige Richtung sein wird, zeigt sich irgendwann vielleicht. Dennoch werden Geschäftsreisen und Tourismus sicher eine Delle bekommen. Und noch etwas: wer beispielsweise in Deutschland mit einem Geländewagen oder SUV nach Italien startet, wird dies schon aus persönlichen Sicherheitsgründen nur mit ordentlichen, entsprechend zugelassenen und mit ausreichend großer Profiltiefe versehenen Reifen angehen. Jedes Gesetz muss sich erstmal auch auf seinen Sinn hin beweisen und so kann es durchaus kommen, dass sich das Ganze als Schuss in den Ofen erweist.

Text und Fotos: Frank Nüssel

Quelle: 4 wheel fun/Torsten Seibt

Scroll to Top