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Tradition: 60 Jahre BMW 502 V8 Pfeifton für freie Fahrt Mittwoch, 04. Juni 2014 10:59 Uhr | Wolfram Nickel/SP-X BMW 502 V8 ab 1954 BMW 502 V8 ab 1954 BMW 501 und 502 V8 Werbung 1954 BMW V8 Limousine mit BMW Isetta Werbung 1955 BMW 502 V8 Österreichische Alpenfahrt BMW 502 V8 ab 1955 BMW 507 V8 mit Hardtop auf BMW Stand IAA 1955 BMW 502 V8 Cabrio BMW 503 V8 Coupe ab 1956 BMW 503 V8 Cabriolet ab 1956 BMW 507 V8 ab 1956 BMW 507 V8 mit Designer Albrecht Graf Goertz BMW 507 V8 ab 1956 BMW 502 V8 Roentgenbild ab 1956 BMW 507 V8 mit Karosserie von Giovanni Michelotti Messe Turin 1959 BMW 2600 V8 ab 1961 BMW V8 Limousinen ab 1961 BMW V8 Limousinen ab 1961 BMW 3200 CS V8 Coupe ab 1961 BMW 3200 CS V8 Cabriolet Einzelstück von Bertone Mit repräsentativen Reiselimousinen hatte BMW nach Kriegsende den Neuanfang gewagt. In höhere Sphären entschwebten die vom Volksmund Barockengel genannten Modelle 501 und 502 aber erst mit starken V8-Motoren unter der Haube. Prestigeträchtige Powerpakete, die BMW globale Bekanntheit brachten – und die Bayern dennoch beinahe untergehen ließen.

SP-X/Köln. Ihre anfänglichen Konkurrenten überlebte sie sämtlich, dabei wurde die Linienführung der Luxuslimousine schon bei der Premiere als barock und betagt kritisiert. Die Käufer des vor 60 Jahren vorgestellten BMW 502 V8 störten sich daran allerdings nicht sonderlich. Schließlich zählt in der Repräsentationsklasse modisches Design traditionell weniger als Prestige, Protz und PS. Und davon konnten die Bayern reichlich bieten. Mit zuletzt 118 kW/160 PS Leistung beschleunigte der weltweit erste Großserien-Leichtmetall-V8 die schwergewichtigen BMW auf das Tempo schneller Supersportwagen. „Der BMW-Wagen soll die Visitenkarte der deutschen Gesellschaft sein“, meinte dazu der kaufmännische Direktor der BMW AG, Hanns Grewenig. Und tatsächlich: Generaldirektoren, wohlhabende Freiberufler und Künstler aus dem Film- und Showgeschäft waren begeistert vom ersten deutschen Nachkriegs-V8. Schließlich hatten weder Mercedes-Benz 300 noch Opel Kapitän oder die Borgward Hansa Pullman-Limousine mehr als sechs Zylinder. Und wer die Vorkriegsformen des BMW zu altbacken fand, für den hielten die Münchner alternative V8-Juwelen bereit. Zunächst den legendären Roadster BMW 507 aus der Feder des Designers Albrecht Graf von Goertz, dann die Coupés und Cabriolets der 503-Typen und ab 1961 das Coupé 3200 CS von Starcouturier Bertone. Eine damals einzigartige Kollektion an Hochkarätern, die sich im frühen Nachkriegsdeutschland letztlich aber doch zu wenige leisten konnten. So brachten die V8 kaum Geld in die BMW-Kasse, stattdessen sollten Kleinstmobile wie die Isetta das Überleben sichern.

Immerhin: Als 1965 mit dem 3200 CS der vorläufig letzte V8-BMW das Band für die Vierzylinder der „Neuen Klasse“ (Typen 1500 bis 2000) frei machte, wurden die Münchner in internationalen Markenrankings erstmals mit Mercedes verglichen. Ein Aufstieg in die automobile High Society, den BMW mit Anzeigen feierte. Zitiert wurde etwa die Rangliste eines amerikanischen Automagazins, das unter den fünf besten Automobil-Marken der Welt drei deutsche sah. „BMW ist dabei. (Herzliche Glückwünsche auch nach Untertürkheim und Zuffenhausen.)“, jubelten die Bayern. Wobei sie geflissentlich verschwiegen, dass die V8-Dickschiffe fast das wirtschaftliche Ende für BMW bedeutet hätten. Vielleicht dauerte es deshalb fast 30 Jahre bis mit 7er und 8er neue, eigenentwickelte V8-Limousinen und Coupés die Geschichte des Barockengels und seiner sportiven Geschwister fortschrieben.

Klamme Kasse herrschte bei den Bayerischen Motoren Werke seit Kriegsende, denn damals gingen die hinter der Demarkationslinie liegenden Werksanlagen in Eisenach an den neugegründeten Konkurrenten Eisenacher Motorenwerke (EMW) verloren . Zusätzlich waren die alliierten Siegermächte zurückhaltend mit der Vergabe von Produktionslizenzen. Nach der Währungsreform 1948 stellte BMW endlich sein erstes Nachkriegsfahrzeug in Form des Motorrads BMW R24 vor, parallel wurde aber bereits die Limousine 501 entwickelt, die direkter Nachfolger der Vorkriegsmodelle 326 und 335 werden sollte. Sogar ein neuartiger V8-Motor mit Leichtmetallblock wurde ab 1949 konzipiert, aber vorläufig zugunsten eines erschwinglicheren Sechszylinders zurückgestellt. Die fließenden Formen des BMW 501 mit konservativem, sogenanntem „Vollschutz-Rahmen“ orientierten sich am Vorkriegsdesign, einen modischen Ponton-Entwurf von Pininfarina lehnte die Geschäftsführung ab. Spätstarter BMW wollte bewusst an die Tradition der 1930er-Jahre anknüpfen. Trotz einiger kritischer Pressestimmen vorläufig die richtige Entscheidung, wie die Zahl der Vorbestellungen beim IAA-Debüt 1951 verriet.

Ausgeliefert wurde der BMW 501 allerdings erst zum Jahresende 1952 und das zu exorbitant hohen Preisen ab 15.150 Mark. Nur eine deutsche Limousine, der staatstragende Mercedes-Benz 300, war damals noch teurer. Dessen Rang als Kanzlerauto sollte eine Kraftkur erschüttern, die BMW seinem Flaggschiff im Frühjahr 1954 spendierte. Mit 2,6-Liter-Achtzylinder und prestigeträchtigen 74 kW/100 PS präsentierte sich der größte Bayer nun unter dem Signet BMW 502 als 160 km/h schneller Autobahnbolzer, vor dem sogar Porsche rechtzeitig die Überholspur räumten. Warnte doch ein durchdringender Pfeifton alle anderen Verkehrsteilnehmer vor dem schnellen Münchner Stürmer. Eine akustische Eigenart, die sich zufällig durch die Gestaltung von Grill und Front aller BMW 501/502 ergeben hatte und die nur der V8 bei Vmax auslöste. Die aber nicht genügte, um die deutsche Regierungsspitze zum Umstieg zu bewegen – im Unterschied zu Ministerpräsidenten, Bankdirektoren und Behörden, die den barocken BMW mit Komfortdetails wie weit öffnenden, gegenläufigen Portaltüren geradezu liebten. Konrad Adenauer dagegen war seinem 300er so sehr verbunden, dass nicht einmal eine eigens entwickelte BMW V8-Pullman-Limousine in Form des weit moderneren BMW 505 eine Chance hatte. Nach einer kurzen Sitzprobe im BMW 505 ließ sich der Kanzler im gewohnten Mercedes zum nächsten Termin chauffieren und das staatstragende BMW-Flaggschiff verschwand nach der Publikumspremiere auf der IAA 1955 in der Versenkung.

Dort debütierten zudem gleich mehrere gänzlich andere Traumautos von der Isar. In Fortsetzung einer großen Tradition aus der Vorkriegszeit waren zunächst Coupé- und Cabriolet-Varianten der barocken Limousinen bei den Karossiers Autenrieth und Baur entstanden, jetzt folgten formal eigenständige Sportler: Der BMW 503 als wahlweise offener oder geschlossener Grand Turismo und der BMW 507 als Roadster. „Weiß-blaue Diamanten vom Isarstrand“, „schönste Automobile der Welt“ oder schlicht „BMW-Sensation“ nannte die Medienwelt die neue Achtzylinder-Parade. Besonders der formvollendete Roadster konnte es mit allen Stilikonen jener Tage aufnehmen, auch mit dem Flügeltür-Mercedes 300 SL. So existieren fast alle der ab 1956 gebauten BMW 507 bis heute – allerdings wurden es zu Enttäuschung von BMW nicht mehr als 253 Einheiten.

1955 erreichte die erste Nachkriegsoberklasse aus München den frühen Zulassungszenit ihrer keineswegs kurzen Karriere. 4.567 Einheiten waren für die Modelle 501/502 zwar mehr als ein Achtungserfolg, aber zugleich auch nur ein kurzes Aufflammen. Denn schon zwei Jahre später stürzten die Zahlen auf 1.701 Zulassungen. Daran konnten auch Maßnahmen wie mehrere Leistungskuren (ab 1955 mit 3,2-Liter-V8 und bis 88 kW/120 PS, ab 1962 mit maximal 118 kW/160 PS) nichts ändern. Das sogenannte Großwagen-Geschäft brachte nie den erhofften Gewinn. Ursprünglich hatte BMW mit bis zu 25.000 Einheiten pro Jahr gerechnet; es blieb bei einem Bruchteil davon.

Im Jahr 1961 wollten die Münchner letztmals den Absatz ankurbeln mit einer sanften Modellpflege der V8-Limousinen und der allerdings wieder verworfenen Überlegung, die Pininfarina-Karosserie des Lancia Flaminia zu adaptieren. Vielleicht auch, weil der Untergang des Borgward-Konzerns Lücken hinterließ, die gefüllt werden wollten. So buchte BMW in diesem Jahr kurzentschlossen die benachbarte IAA-Standfläche des am Boden liegenden Konkurrenten und bereitete dadurch gleich zwei eigenen Modellen ein glamouröses Debüt, das es so auf der Frankfurt Messe noch nicht gegeben hatte. Neben den Vierzylinder-Limousinen der „Neuen Klasse“ enthüllten die Münchner das neue Achtzylinder-Traumcoupé BMW 3200 CS, das tatsächlich weltweites Aufsehen erregte und nicht nur die Sechszylinder-Zweitürer aus Stuttgart deklassierte. Entworfen hatte das grazile Hardtop-Coupé die Carrozzeria Bertone und dort entstanden auch die Rohkarosserien. Noch einmal machte BMW so Schlagzeilen als Luxusmarke, allerdings noch immer keine entsprechenden Stückzahlen. So blieb es bis zum Finale, das die V8-Limousinen 1963 nach nur 13.000 Einheiten ereilte und sich zwei Jahre später nach gerade einmal 537 Coupés für den 3200 CS realisierte.

Text: Spot Press Services/Wolfram Nickel
Fotos: SP-X

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