40 Jahre Peugeot 104 C, Citroën LN, Talbot Samba

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Er war erfolgreicher Pionier und Protagonist für eine Mehrmarken-Plattformstrategie, wie sie Produktplaner heute lieben. Der Peugeot 104 verblüffte mit einer noch nicht gekannten Wandlungsfähigkeit, die ihn mit seinen Brüdern zum mehrfachen Produktionsmillionär machte. Vor allem aber wurde der kleine Franzose zum Vater einer großen Familie und damit Auslöser der erfolgreichen Rettungsaktion von Europas größtem Autobauer. Zu diesem war die Löwenmarke aufgestiegen durch die Übernahme gleich zweier finanziell am Boden liegender Rivalen: Vor 40 Jahren begann die Fusion zwischen Peugeot und Citroën und 1978 gelang der Erwerb von Chrysler Europa mit Simca und den englischen Rootes-Marken. Mit einem Jahresausstoß von rund 2,2 Millionen Fahrzeugen überflügelte der familiengeführte Peugeot-Konzern nun alle Konkurrenten – und konnte sich dennoch nicht daran erfreuen.

Beide Neuerwerbungen litten an Überkapazitäten, zudem mangelte es an modernen Minis, nach denen Europa damals geradezu gierte. Während Citroën mit der altgedienten „Entenfamilie“ aus 2 CV, Dyane und Ami 8 gegen die neue Heckklappen-Konkurrenz nicht mehr punkten konnte, setzte Simca zu lange auf einen Heckmotor-Oldie. Peugeot selbst musste die uninspiriert wirkende Karosserie des erst 1972 präsentierten Modells 104 in neue Form bringen, fehlte es dem viertürigen Kleinwagen doch an der gefragten Ladetür. Was tun? Zunächst kürzten die Franzosen ihren Kleinsten um 20 Zentimeter zum nur noch 3,37 Meter messenden City-Coupé 104 C, selbstverständlich mit Heckklappe. Peugeot hatte aber noch weitere Coups mit seinem Mini-Coupé geplant.

Zunächst den Zweizylinder-Zwilling Citroën LN, der in Deutschland ab 1976 als „Spatz aus Paris“ beworben wurde und die Basis legte für eine neue Kleinstwagen-Tradition der Marke im Zeichen des Doppelwinkels. Kurz vor seinem zehnten Geburtstag ließ der Peugeot 104 sogar die Simca-Nachfolgemarke Talbot noch einmal tanzen. Mit dem Samba als Peugeot-Ableger gelang dies ab 1981 immerhin fünf Sommer lang, sogar ein Cabrio war dabei. Vor allem aber baute der Peugeot 104 die Brücke zum 1983 eingeführten Modell 205. Dieser größten kleinen Nummer – in der Werbung entsprechend als „un sacrée numéro“ beworben – verdankte der Konzern die Rückkehr auf Erfolgskurs. Das allerdings nicht ohne wenigstens eine Träne im Auge. Trat der Peugeot 205 – ursprünglich sollte er übrigens 105 heißen – doch im Jahr 1986 auch die Nachfolge des Samba und damit des letzten aller Talbot an. Dagegen zählte der Peugeot 104 schon zu den automobilen Methusalems als er im Modelljahr 1987 sein letztes Facelift erhielt. Bis zum Schluss blieb besonders das extra kurze Coupé in schicken Farben ein Favorit nicht nur bei französischen Frauen.

Tatsächlich waren es auch am Anfang frech-fröhliche Farben, mit denen der Peugeot einen poppig-bunten Zeitgeist traf. In korallrot, zitrusgelb oder südfruchtorange konnte es der 104 ab 1972 sogar mit den Lackierungen seines härtesten Rivalen, des Renault 5, aufnehmen. Formal war der Renault jedoch weit lebenslustiger als der konservativ-kantige Peugeot und hängte diesen in den Verkaufszahlen klar ab. Wobei ursprünglich sogar daran gedacht worden war, Renault- und Peugeot-Fahrzeuge in einer gemeinsamen Fabrik vom Band rollen zu lassen. Eine Kooperation, die nicht zustande kam, aber immerhin sollten sich Peugeot 104 und Renault 14 noch Vorderachse, Getriebe, Bremsanlage und Auspuff teilen. Stattdessen versuchte Peugeot mit Hilfe des italienischen Stardesigners Pininfarina, die besten Komponenten französischer und italienischer Kleinwagenkompetenz zu vereinen. Was allerdings erst im zweiten Anlauf mit dem 1974 gezeigten Coupékonzept des Peugeot 104 gelang.

Geradezu begeistert äußerten sich Presse und Publikum dagegen von Anfang an über die neu entwickelten Leichtmetall-Motoren. Schon das 1,0-Liter-Basisaggregat mit 33 kW/45 PS ermöglichte in dem 780 Kilogramm leichten Viertürer Fahrleistungen, die den 104 ähnlich schnell machten wie sonst nur größere Modelle. Noch flotter unterwegs waren später die kurzen Dreitürer mit bis zu 1,3 Liter großem und 53 kW/72 PS starkem Benziner. Bei aller Agilität waren die kleinen Vierzylinder erstaunlich langlebig und sparsam.

Normverbrauchswerte von 5,5 bis 6,0 Liter bei Tempo 90 waren gerade nach der Ölkrise von 1973/74 ein wichtiger Wettbewerbsvorteil. Noch besser konnten es die Kinder des kleinsten Peugeot Coupés aller Zeiten (zunächst sollte das „C“ für Compact stehen), der Citroën LN und der Talbot Samba. Mit dem 23 kW/32-PS-Zweizylinder-Motor der legendären „Ente“ in der Steilheck-Karosserie des dreitürigen Winzlings begnügte sich der Citroën LN mit Testwerten von knapp fünf Litern, sogar noch genügsamer war ab 1979 der Citroën LNA mit nunmehr 26 kW/36 PS. Ihren Sparmeister fand die versammelte Kleinwagenwelt der 50-PS-Klasse jedoch in einem flotten Sambatänzer. Die finale Talbot-Entwicklung konsumierte 4,6 Liter – weniger als etwa ein VW Polo mit neuer Formel-E-Technik. Allein der leistungsschwächere und langsamere Renault 5 GTL unterbot die Knauser noch einmal um 0,1 Liter.

Allerdings konnte der Talbot Samba auch ausgesprochen temperamentvoll sein, wie das 1982 vorgestellte Topmodell Rallye bewies. Mit bis zu 66 kW/90 PS Leistung knüpfte der Kraftzwerg an die sportliche Kompetenz seiner Vorgänger an, also des legendären Simca 1000 Rallye und des kurzlebigen schlagkräftigen Sunbeam ti. Dennoch: Ein kommerzieller Erfolg wurde das Auto mit der mittlerweile zehn Jahre alten Technik des Plattformspenders Peugeot 104 nicht. Dies galt auch für das eigenständige Samba Cabriolet, von Pininfarina gezeichnet und gebaut. Mit 3,51 Metern Länge war der Luftikus die kleinste offene Limousine auf dem Markt und überdies die preiswerteste. Andererseits war der Sonnenanbeter mit 18.850 Mark um die Hälfte teurer als die Blechdachversion und kaum mehr billiger als das deutlich größere VW Golf Cabriolet. So fanden sich in der nur dreijährigen Produktionszeit gerade einmal 13.000 Käufer für das Cabrio aus französisch-italienischer Koproduktion. Immerhin wussten Peugeot und Pininfarina jetzt, welche Kompetenzen erfolgreiche Kleinwagen-Cabrios besitzen müssen und machten den neuen 205 zu einem formidablen Frischluftbestseller.

Als alleiniger Rettungswagen für Talbot taugte der Samba zwar nicht, aber er bescherte der sich noch einmal aufbäumenden Nachfolgemarke für Simca, Sunbeam und Hillman neue Käufer. Wie schon beim Peugeot 104 kam jeder zweite Käufer des Talbot Samba von einer anderen Marke, womit der Kleinwagen zumindest seine Mission als „Eroberungsfahrzeug“ erfüllt hatte. Wenngleich die Gesamtauflage des Samba nicht genügte, die Defizite anderer Talbot-Flops wie des Tagora zu kompensieren. Ohnehin zog Peugeot im Jahr 1985 bei Talbot den Stecker und präsentierte den Talbot „Arizona“ unter eigener Marke als Peugeot 309.

Ganz anders die Situation beim Citroën LN, der gegen die modernen Minis bestehen sollte, sich allerdings nie richtig durchsetzen konnte. Zu sehr fehlte ihm die Citroën-typische Eigenständigkeit. Daran änderte auch die Evolution zum LNA mit optionalem Vierzylindermotor nichts. Immerhin legten die LN/LNA die Grundlage zu kleinen dreitürigen Cityflitzern von Citroën, sind also die Urväter des aktuellen C1. Peugeot dagegen präsentierte sich mit dem 104 Coupé zum ersten Mal in der Nachkriegszeit als Kleinwagenspezialist und präparierte die Startpiste für den ersten Mini-Überflieger der Marke schlechthin: Den Peugeot 205.

Text: Spot Press Services/Wolfram Nickel
Fotos: Hersteller/SP-X

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