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Ein Volkswagen von Ford: Mit dieser zusätzlichen Modellbezeichnung bewarb der amerikanische Autobauer vor 70 Jahren erfolgreich seinen kompakten Typ Köln. Allerdings basierte der „Ford-Volkswagen Köln“ entgegen seiner Bezeichnung auf einer englischen Konstruktion und auch die Erfolgsmodelle V8 und Eifel aus dem neu erbauten Werk in Köln-Niehl waren noch von internationalen Ford-Typen abgeleitet. Das änderte sich erst nach der Weltpremiere des Wolfsburger Volkswagens, also des sogenannten KDF-Autos. Endlich durfte auch Ford Deutschland jetzt seine erste komplette Eigenentwicklung lancieren. Der Ford Taunus mit dem internen Code G93A feierte im Frühling 1939 sein umjubeltes Debüt.

Zwar konnte der Taunus nicht mit den anfangs staatlich diktierten Preisen des Käfers konkurrieren, dafür bot der in Köln konzipierte Vierzylinder zu immer noch vergleichsweise günstigen Kosten den Glamour amerikanischer Achtzylinder. Davon kündete die Karosserie in der Formensprache von Mercury-Modellen mit kühner Front, kräftiger Nase und großem Grill. Vor allem aber die damals modische Fastbacklinie, die im folgenden Jahrzehnt noch viele europäische Marken inspirieren sollte. Den Volksmund jedoch erinnerte dieser Designtrend an einen gebeugten Körper mit Buckel. Weshalb der Ford Taunus, ebenso wie etwa der 1944 eingeführte Volvo PV 444, den liebevoll-neckischen Rufnamen „Buckel“ erhielt als Ende der 1940er Jahre die neue Pontonform zum populären „New Look“ avancierte.

Denn erst dann konnte der Buckel-Taunus in kaum veränderter Form ab November 1948 unter dem Werkscode G73A wirklich durchstarten und das ausgerechnet mit Unterstützung des Volkswagen-Werks. Dort und im Osnabrücker Karmann-Werk wurden seit Sommer 1948 in Auftragsarbeit die Karosserien des Nachkriegs-Taunus gefertigt. Der Grund waren die bei Ford noch fehlenden Karosseriewerkzeuge. Tatsächlich hatte Ford in Köln schon 1939 mit Kapazitätsproblemen bei der Pkw- und Lastwagenproduktion gekämpft und die Karosseriefertigung des Taunus deshalb an den renommierten Spezialisten Ambi-Budd mit einem Werk in Johannisthal im späteren Ost-Berlin vergeben. Nach dem Krieg blockierte dann die Sowjetische Militärverwaltung über längere Zeit die Herausgabe der Werkzeuge für den Neustart der Taunus-Produktion.

Noch heftiger hatte es allerdings den Taunus-Rivalen Opel Kadett getroffen. Dieser brachte es bis 1940 bereits auf über 100.000 Einheiten, während etwa vom Ford Taunus bis 1942 nicht mehr als 7.000 Fahrzeuge ausgeliefert wurden. Nach dem Krieg allerdings wurden die Kadett-Produktionsanlagen demontiert und als Reparationsleistung in die Sowjetunion geliefert. Dort startete der kleine Opel dann 1947 als Moskwitsch 400 zur zweiten Karriere, während die Rüsselsheimer in Deutschland Olympia von 1936 als neues Modell für die Massen revitalisieren mussten.

Auch der Käfer startete erst nach dem Krieg durch, dies auch ohne Karrierebeschleunigung durch Henry Ford II. Jedenfalls soll der Enkel des Unternehmensgründers im Februar 1948 bei einem Besuch in Köln seine Eindrücke von einer Probefahrt im Käfer nur mit dem Kommentar „No!“ bedacht haben. Das Fahrwerk des Taunus war eben deutlich weicher und damit amerikanischer abgestimmt. Allerdings lagen die Kölner Ford-Werke damals ebenso wie das Volkswagen-Werk in der britischen Besatzungszone. So sondierte der britische Militärkommandant für Wolfsburg, Oberst C.R. Radclyffe, dennoch bei Henry Ford II, ob die Amerikaner vielleicht an einer Übernahme von Volkswagen interessiert waren. Fords neuerliches „No!“ wird zumindest den frisch ernannten Volkswagen-Generaldirektor Heinrich Nordhoff gefreut haben. Jedenfalls war nun der Weg frei zu einem zweiten Kräftemessen der drei Marken, die wie schon Ende der 1930er Jahre relativ erschwingliche Autos für die breite Bevölkerung anboten.

„Schnell, sparsam, zuverlässig!“, pries im Herbst 1948 die Werbung den neuen „Wagen der Kölner Ford-Produktion“ an. Nicht ganz so euphorisch fielen zeitgenössische Pressekritiken aus, die Fortschritte, wie das moderner gestaltete Interieur lobten, aber auch konstatierten, dass die Vorderachse wie in den 1920er Jahren noch immer starr sei. Von einer selbsttragenden Karosserie, wie sie etwa der Opel Olympia hatte, gar nicht zu reden. Andererseits ermöglichte es gerade die Ende der 1940er Jahre aussterbende Rahmenbauweise, den Ford Taunus mit einer damals konkurrenzlosen Zahl an Sonderaufbauten anzubieten.

So gab es den 25 kW/34 PS starken Vierzylinder als zweitürige Limousine (ab 1948), Hatchback-Limousine mit großer Heckklappe von Migö (ab 1949), zwei- oder viersitziges Cabriolet vom Karossier Deutsch, viersitziges Cabriolet mit zwei oder vier Fenstern von Baur, Deutsch, Drauz, Drews, Karmann und Migö (ab 1951), zweitüriges Coupé von Bachirt und Hebmüller (ab 1951), zweitürigen Kombi von Wendler (ab 1949), zweitürigen Kasten- und Kombiwagen von Karmann, Plasswilm und Wilhelm (ab 1949), viertürigen Polizei-Kübelwagen vom Karossier Papier (ab 1950), Krankenwagen von Miesen, viertürige Stufenhecklimousine von Niedermair (ab 1950) und als viertürige, sechssitzige „Spezial-Limousine“ von Witty & Brückl sowie Wilhelm (ab 1951).

Allgemein gelobt wurden Verarbeitungsqualität und Zuverlässigkeit der Kölner Großfamilie, die in ihren Abmessungen von 4,08 Meter Länge bis 4,58 Meter (Viertürer) differierte. Was die Qualität anging, konnte es der Taunus nach Meinung seiner Käufer durchaus mit dem Käfer aufnehmen. So gewann er 1950 auch eine vom ADAC ausgeschriebene Langstreckenfahrt. Dort wie im Alltag spielte das geringe Temperament des Taunus (Vmax 95 bis 105 km/h, je nach Achsübersetzung) noch keine Rolle.

Wichtiger waren das großzügige Raumangebot für vier- bis fünfköpfige Familien und der Kaufpreis. Dieser lag 1949 bei 6.965 Mark für die „Standard“-Limousine und wurde bis 1951 auf 5.540 Mark gesenkt. Etwas weniger, als für die geringfügig größeren Opel Olympia berechnet wurde, aber mehr als der Käfer kostete. Eine Nische, die dem Taunus vorübergehende Achtungserfolge einbrachte, auch wenn er mit 74.000 Einheiten bis zur Produktionseinstellung Anfang 1952 fast Lichtjahre hinter seinen Wolfsburger und Rüsselsheimer Rivalen zurückblieb. Dafür bot der Taunus die richtige Basis für den Wiederaufstieg der deutschen Ford-Tochter, die mit dem „Buckel“ auf internationalen Märkten sogar gegen die britischen Ford-Produkte antreten durfte.

Das Ende der Karriere des Buckels kam, als die Pontonform ab 1949 zu einem optischen Kennzeichen des deutschen Wirtschaftswunders wurde. Borgward hatte mit dem Mode machenden Hansa die Rolle des Avantgardisten übernommen, alle anderen Hersteller mussten nun folgen. Üppiger Chromschmuck und größere Heckfenster, wie sie Ford seinem Vorkriegsmodell spendierte, konnten auch kaum neue Begeisterung für das alternde Modell bewirken. So übernahm 1952 der „Weltkugel-Taunus“ in Pontonform die Wachablösung. Nicht einmal mehr Gebrauchtwagenkäufer begeisterten sich jetzt noch für den robusten „Buckel“, entsprechend oft wurde der betagt wirkende Ford vorzeitig dem Verwerter zugeführt. Erst als Oldtimer findet er heute neue Fans. Kein Wunder, erhalten die raren Fastback-Ford doch bei allen Ausfahrten viel Beifall.

Text: Spot Press Services/Wolfram Nickel
Fotos: Ford, SP-X

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