Liebe Leserin!
Lieber Leser!

Dass wir in und mit unseren Autos längst mehr machen können, als uns nur von Punkt A nach Punkt B zu bewegen, ist keine allzu neue Erkenntnis mehr. Immer mehr nehmen uns unsere (halb)automatisierten Fahrzeuge ab. Sie denken für uns, sie handeln für uns, sie führen uns dorthin, wo wir hinwollen. Und sie suchen eigenständig nach neuen Wegen, wenn die geplante Route einmal nicht oder nur mit großem Zeitverlust zum Ziel führt.

Autos sind dank aufwändiger Forschung und Entwicklung regelrechte Kommunikationszentralen geworden. Die Interaktion zwischen dem Fahrzeug und dem Fahrzeugführer wird immer klüger, detaillierter, ausgefeilter. Manuelle Eingaben in Info- oder Unterhaltungssysteme sind schon vor Jahren um Sprachbefehle erweitert worden. Wenn ich heute in mein Auto steige (vorausgesetzt, es ist mit der notwendigen Technik ausstaffiert) und ich möchte nach Hause, dann sage ich diesem dienstbaren Heinzelmännchen namens Bordcomputer eben „nach Hause.“ Und schon geht’s los. Gut programmiert ist eben halb passiert.

Doch selbst so weit muss der Aufwand in Zukunft nicht mehr gehen, wie ich in dieser Woche einer Pressemitteilung des Hauses Continental entnahm. Conti hat sich mit Herstellern und weiteren Zulieferern wie Bosch, Valeo, Google und Microsoft zusammen getan und arbeitet jetzt an einer so genannten „Blick- und Gestensteuerung“, durch die der Fahrer dem Automobil im wahrsten Sinn des Wortes sagen soll, wo es langgeht.

Continental lässt in der erwähnten Pressemitteilung seinen Ergonomie-Vorreiter Guido Meier-Arendt einen Blick in die viel zitierte Glaskugel werfen. „Erste Systeme, wonach Autos auf Blicke oder weit ausholende Bewegungen und Gesten des Fahrers reagieren, könnten in etwa drei Jahren zur Serienreife gelangen.“ Conti sehe die Gestensteuerung „als Ergänzung der Eingabesysteme über Sprache und Haptik“. Es gehe dabei um eine „einfache, natürliche Interaktion.“Dazu benötige man im Interieur des Fahrzeugs Innenraumkameras, die den Fahrer und dessen Verhalten genau beobachten. Mit deren Hilfe soll festgestellt werden, ob der Fahrzeugführer den Verkehr vor ihm konzentriert beobachtet. Wenn irgendwann die Kameras an Bord sind, werden sie mit verschiedenen Funktionen für mehr Komfort im Fahrzeug sorgen, behauptet der Continental-Experte.

Auch die Autohersteller haben sich der noch ziemlich utopisch klingenden Geschichte bereits angenommen. Bei Ford und BMW beispielsweise hat eine erste Arbeitsphase mit dem Thema der Gestensteuerung bereits eingesetzt. So lässt sich die Kofferraumklappe des Ford Kuga mit einem Tritt unter die Stoßstange am Heck öffnen. Praktisch, wenn man an sein Fahrzeug herantritt und hat die Hände nach dem Einkauf voller Taschen und Tüten. Doch auch die großen Computergiganten wie die Mega-Konzerne Apple und Microsoft sind nach Hinweisen in dieser Mitteilung bereits Kooperationen mit Autoherstellern eingegangen. Darin geht es darum, um möglichst einfache und einheitliche Bewegungen zum Steuern der Bedienelemente im Cockpit festzulegen.
Wenn ich das alles richtig verstanden habe, dann werden wir uns, liebe Leserinnen und Leser, in Zukunft damit anfreunden dürfen (oder müssen) unser Automobil durch wildes Fuchteln mit den Armen und Beinen zum Anspringen, Fahren, Abbiegen oder Stoppen zu bewegen. Wenn ich ganz ehrlich bin, so muss ich behaupten, so etwas Ähnliches habe ich schon bei meinem ersten Fahrzeug vor etwas mehr als 40 Jahren gemacht. Das war ein 13 Jahre alter Käfer, und mitunter hat der auch gemacht, was er wollte. Was mich mitunter ebenfalls dazu gebracht hat, wild mit den Armen im Auto herum zu wedeln. Dann aber war das meist eine Geste der Hilflosigkeit oder gar der Verzweiflung. Und da hätte mir auch kein noch versierter Ergonomie-Experte weiter helfen können.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.

Ihr Jürgen C. Braun

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