Buchtipp – Alexandra Maxeiner: Unentschieden.

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Ich drehe ein, um meinen Wagen rückwärts in die einzige Parklücke auf dem Hörfunkparkplatz zu stellen. Allerdings ragt links nebenmir ein schwarzer Volvo etwas über die weiße Markierung auf meinen Stellplatz. Deswegen beginne ich ein kompliziertes Hin- und Herdrehen, um mein Auto zentimeterweise in die Parklücke zu manövrieren. Das erweist sich als zeitaufwendig. Gleich soll ich alsTalkgast in einer Radiosendung auftreten. Ich war bereits zu spät, als ich auf dem Parkplatz eintraf. Kaum zu ertragen, für einen pünktlichen Menschen wie mich. Dass ich jetzt noch weitere Minuten beim Einparken verliere, lässt in mir zum wiederholten Mal das Gefühl auf kommen, dass heute nicht mein Tag ist. Als ich den Volvo schließlich ramme, bestätigt sich dieser Eindruck. In diesem Moment fährt ein Audi aus einer etwas entfernten Parklücke heraus. Diese Gelegenheit nutze ich umgehend und stelle mein Auto schließlich ohne weitereZwischenfälle dort ab. Ich steige aus und laufe zu dem Volvo. Der Kratzer ist lang und tief.

Alexandra Maxeiner spielt schon in den ersten Zeilen ihres Romans mit einem bekannten Klischee: Frauen und Einparken, Sie wissen schon. Dazu gehört Mut, wie zur Bewältigung des Alltags als alleinerziehende Mutter, jedenfalls zu 70 Prozent, wie es hier heißt. So weit, so üblich für ein Buch anno 2014, könnte man sagen. Ungewöhnlich wird es dadurch, dass hier zwei Menschen aufeinandertreffen, die sich vor gut 20 Jahren kannten und dann aus den Augen verloren haben. Auch nicht spektakulär. Aber: Plötzlich wird aus dem Zusammentreffen ein Gegenüber ganz unterschiedlicher Zeiten. Hier die Gegenwart mit allen Möglichkeiten, technisch, menschlich, beruflich, da die Zeit des beginnenden Umweltbewusstseins, der Bürgerinitiativen, der Schulterpolster und der MusiCassetten. So ein Ding ist auch prägendes Gestaltungselement fürs Cover.

Es wird ein vergnügliches Geschichtsbuch daraus, dass ich keineswegs nur an jene wendet, die noch wissen, was eine MusiCassette ist. Für die Nachgeborenen: Das waren rechteckige Tonträger von der Größe einer Erwachsenenhand, die nur mit einem speziellen Gerät abspielbar waren. Mit einem Gerät, das als Autozubehör keineswegs serienmäßig verbaut sein musste, aber als Begleitung beim Autofahren optimal war. Wenn man zuvor seine Lieblings-Schallplatten, wieder mit anderen technischen Errungenschaften, darauf überspielt hatte. Zweckmäßigerdings kaufte man leere Cassetten, um diese zu bespielen. Es gab zwar nahezu jede Langspielplatte auch als fertige Cassette. Die allerdings war recht teuer, und generell hörte man den Dingern schon nach kurzer Zeit an, dass sie tatsächlich abgespielt wurden. Und wenn man Pech hatte, verfing sich das Innenleben der Cassette im Abspielgerät oder im Cassettengehäuse selbst. Das sah dann aus wie schwarzer Nudelsalat, der mit Geduld und Geschick – eventuell – in den Urzustand zurückzuführen war. Wie gesagt, hier treffen grundverschiedene Zeiten aufeinander. Unentschieden kommt genau richtig in den ersten Monat des Jahres, in dem man ja bisweilen gerne eine Rück- und Vorschau in eigener Sache hält.

Alexandra Maxeiner: Unentschieden. Deutscher Taschenbuch Verlag (dtv), 8,95 Euro.

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