Autofahren: Emotionen als Stressfaktor

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Überflüssiger und unnötiger Stress sowie Emotionen sind oft die Auslöser von gefährlichen Situationen und Unfällen mit teils schrecklichen Folgen im Straßenverkehr. Das ist die Konsequenz der Vorträge und Diskussionen auf einem zweitägigen Seminar des Deutschen Verkehrssicherheitsrates. In vielen Fällen aber kann es auch heißen: Vorbeugen tut nicht nur Not, sondern kann bei bewusstem Erkennen der Gefahrenlage auch effektiv angewandt werden. Oft aber fehlt es an der Umsetzung.

Die offiziell registrierten Verkehrsverstöße in Deutschland sind in den vergangenen beiden Jahrzehnten erheblich angewachsen. Wurden 1993 noch 2,8 Millionen Delikte auf unseren Straßen aktenkundig, so waren das in diesem Jahr schon rund 4,9 Millionen. Allein 2012 wurden pro Tag 13.600 Delikte im Flensburger Verkehrszentral-Register neu aufgenommen , ließ der DVR auf einem Seminar zum Thema „Stress und Emotionen im Straßenverkehr“ mitteilen.Heißt das als logische Konsequenz jetzt auch, dass das Verhalten der deutschen Autofahrerinnen und Autofahrer in diesem Zeitraum rücksichtsloser geworden ist? Hier gilt, wie in vielen anderen Bereichen unseres Alltags auch: Vorsicht vor Pauschalurteilen. So wurde etwa eine Zunahme bei Unfällen, die auf zu schnelles fahren und einen zu geringen Sicherheitsabstand zurück zu führen sind, ermittelt. Auf der anderen Seite aber wurde auch eine Trendwende in Richtung größerer Partnerschaft und Eigenverantwortung festgestellt. Die Zahl derjenigen nämlich, die sich nach einem selbst verschuldeten Unfall „aus dem Staub gemacht“ haben, ging im gleichen Zeitraum erheblich zurück.Das Gefühl, dass es auf deutschen Straßen also zunehmend rauer und rücksichtsloser zugeht, ist nicht eindeutig mit ja zu beantworten, lautet deshalb auch die Schlussfolgerung des Vortrages von Prof. Dr. Mark Vollrath vom Lehrstuhl für Ingenieurs- und Verkehrspsychologie der TU Braunschweig. Nötig sei es allerdings, mit entsprechenden Präventiv-Programmen darauf ein zu wirken, dass mehr Umsicht, Gelassenheit und Rücksichtnahme auf bundesdeutschen Straßen Einzug halten. Denn, so der Tenor aller Referenten: Emotionen am Steuer beeinflussen das Verhalten und damit auch die Folgen im Straßenverkehr ganz erheblich.

Vor allem der Faktor Stress und eine sich daraus ergebende Überforderung spielten dabei, wie eine Analyse von Unfalldaten zeigt, eine ganz wesentliche Rolle. Gestresste Autofahrerinnen und Autofahrer neigen dazu, zu schnell zu fahren, zu drängeln, den Sicherheitsabstand nicht ein zu halten und damit Auffahrunfälle zu provozieren. Doch auch das Gegenteil könne der Fall sein: Manche Fahrer etwa seien hinter dem Steuer bewusst auf der Suche nach Stress, dem sogenannten „Sensation Seeking“, um sich einen besonderen Nervenkitzel als Fahrer eines Autos „zu gönnen“.

Etwa 1000 Verkehrstote sind laut einer Schätzung des ADAC per anno die Folgen einer zu aggressiven Fahrweise, die wiederum – zumindest teilweise – durch unnötigen Stress hervorgerufen wird. Der Staat habe deshalb auch eine Schutzpflicht gegen Rücksichtslosigkeit im Straßenverkehr. Es müsse von Seiten des Gesetzgebers mehr getan werden, um die Verkehrssicherheit auf bundesdeutschen Straßen besser zu gewährleisten. Nach Meinung vieler Referenten und als Ergebnis der darauf folgenden Diskussion machten auch die vielfach umstrittene Geschwindigkeitsbeschränkung auf 130 km/h und ein generelles Überholverbot für Lkw auf deutschen Autobahnen durchaus einen Sinn.

Text: Jürgen C. Braun
Fotos: DVR, Braun

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