Liebe Leserinnen!
Liebe Leser!

Wer sich mit dem Gedanken trägt, einen Gebrauchtwagen zu zulegen, der ist in den vergangenen Tagen angesichts der Meldungen über Tacho-Manipulationen sicherlich äußerst hellhörig geworden. Denn das Thema, mit dem der ADAC offensichtlich in ein Wespennest gestochen hat, war in dieser Woche in (fast) jeder Nachrichtensendung präsent und in den Print- und Onlinemedien sowieso. Seien wir ehrlich: Nur die wenigsten von uns haben geahnt, mit welch geringem Aufwand man den Kilometerstand eines Fahrzeugtachos um zig Tausende von Kilometern zurück drehen kann, um damit einen höheren Ertrag beim Wiederverkauf zu erzielen. Das ist beileibe kein Kavaliersdelikt, sondern ein krimineller Akt.

Die Crux bei der ganzen Geschichte ist die, dass die bösen Tacho-Trickser es in der Regel viel zu leicht haben. Denn, so der Vorwurf der „Ermittler“ des Automobilclubs: Die Automobilhersteller sichern die Bordelektronik ihrer Fahrzeuge nicht ausreichend gegen jedwede vorsätzliche Manipulationen ab. Was umso ärgerlich ist, da diese Eingriffe mit nur geringem technischem Aufwand durchaus zu verhindern wären.

Getestet, das haben Sie in dieser Woche vielleicht auch mitbekommen, wurde die Anfälligkeit der betreffenden Tachos gemeinsam mit Probanden der Universität Magdeburg. Als Prüflinge standen ein Audi Q7, eine Mercedes-Benz E-Klasse und ein VW Passat parat. Das, was dann vor allem via Fernseher ersichtlich wurde, war ebenso erschreckend wie zum Teil unglaublich. In der Zeit, in der man sich morgens das Frühstücks-Müsli zurecht mixt, wird die gesamte Elektronik eines High-Tech-Fahrzeugs regelrecht ausgehebelt. Die Sicherheit der Fahrzeug-Elektronik war ungefähr genauso hoch wie die des Handys unserer Bundeskanzlerin. Ein Spielball für Leute, die damit Schindluder treiben wollten.

Um zum gewünschten Ergebnis zu kommen, reichen ein Laptop sowie einige Geräte, die man in jedem Fachladen um die Ecke bekommt. Nicht einmal der Ausbau des Tachos ist vonnöten. Zwar gebe es durchaus Sicherungsmechanismen, um diese Tricksereien zu verhindern, aber: die Industrie setze diese nicht ein, lautet der Vorwurf. Und ein finanzieller Aufwand wäre so gut wie nicht vorhanden. Die Kosten pro Fahrzeug würden kaum mehr als einen Euro betragen. In etlichen Fällen seien die erforderlichen technischen Voraussetzungen sogar vorhanden, würden jedoch nicht freigeschaltet. Der Hintergrund, so vermutet der ADAC: Die Hersteller würden nach den Testfahrten im Werk den Kilometerstand wieder auf „Null“ herabsetzen, damit der Käufer ein „neues“ Fahrzeug erhält.Was also soll man tun, wenn man sich als potenzieller Gebrauchtwagen-Käufer dagegen schützen kann? So leicht zu erkennen ist der schwerwiegende Eingriff nicht. Also gilt: Vorsicht bei sogenannten „Schnäppchen“. Wenn Ihnen der Kilometerstand eines angebotenen Fahrzeugs verdächtig gering erscheint, schalten Sie ihre eingebaute „Alarmklingel“ ein. Das heißt: Checken, ob es eine plausible Erklärung für die geringe Laufleistung gibt. Also ein Auto-Leben als Zweitwagen etwa. Und: Stimmen Abnutzung des Fahrzeugs (Innenraum und äußerer Eindruck) mit der sichtbaren Kilometerleistung überein? Wichtig auch: Lassen Sie sich das Scheckheft zeigen und vergleichen Sie! Stimmen die Scheckheft-Daten des Fahrzeugs und der HU-Belege mit dem Kilometerstand überein? Erkennen kann man Auffälligkeiten auch an den Kontrollzetteln an der A-Säule oder im Motorraum (Ölwechsel und andere Inspektionen). Auch diese Angaben führen zu Aufklärung über die faktische Laufleistung.
Wenn Ihnen bei diesen Vergleichen und Kontrollen etwas nicht geheuer erscheint: Finger davon lassen. Andere Leute haben auch schöne (und vor allem „ungeschmierte“) Autos.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.

Ihr Jürgen C. Braun

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