Er gehört zu den ganz großen Ausnahme-Erscheinungen unter den Singer/Songwritern. Wolfgang Michels, kurz Michels, hat sich im CD-Zeitalter unter anderem damit befasst, Schätze aus dem Vinylzeitalter auf Silberlinge zu übertragen, musikalische Highlights der Les Humphries Singers, von José Feliciano oder Manuela zum Beispiel. CDs mit Originalaufnahmen und richtig fein aufgemachten Booklets. Was ja im mp3-Zeitalter auch schon wieder fast historisch anmutet.
Dabei ist der Weggefährte von Rio Reiser selbst immer wieder musikalisch in Erscheinung getreten. Als ganz junger Mann mit Percewoods Onagram, Ende der 60er. Wer fortschrittlich sein wollte, sang damals Englisch, und kein Geringerer als Alexis Korner hat den jungen Michels ermuntert, auf Deutsch, sprich: in der Muttersprache, zu singen. So darf er im Rückblick der Hamburger Szene um Udo Lindenberg zugerechnet werden und hat entscheidend dazu beigetragen, das Lässig-Schnoddrige in deutschen Texten und Stimmen, die auf unnötige Glättungen ausdrücklich verzichten, zu etablieren.
Von den Achtzigern bis ins Jahr 2008 reichen Michels' eigene Aufnahmen. Die gibt es jetzt als komplette Box zu einem mehr als akzeptablen Preis. Alltägliche Beobachtungen, lakonische Kommentare und das Gute am schmalen Oeuvre von Michels ist: Da stand nie ein Erwartungsdruck hinter den Resultaten, es gab nie den Mega-Hit, nach dem die Plattenfirma zackzack einen gleichsam verkaufsträchtigen Nachfolger verlangte. Es hat durchaus viel Gutes, ein ewiger Geheimtipp zu bleiben.
Und mag man in den frühen Aufnahmen sehr wohl die aus Lindenberg-Songs vertraute Schnoddrigkeit entdecken, überraschte Michels 2008 mit einer CD voller Weisheit. Man könnte es auch Altersweisheit nennen, lieber Michels, und das möge als Kompliment aufgefasst werden. Und wenn's auch hier ein Vergleich sein darf, dann fällt mir zu allererst Leonard Cohen ein. Wobei Michels doch ein gutes Stück jünger ist.
Michels: The Album Series (Warner)